HRM.de: Frau Sternatz, der Broschüre ging eine Analyse kommunaler Erfahrungen mit dem Mitarbeiter-Vorgesetzten-Gespräch voraus. Was sollte sie erheben?

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Sternatz: „Diese Gesprächsform wird in den Verwaltungen sehr heterogen gehandhabt; was sowohl die Zielsetzungen, Durchführungen als auch Prozessgestaltungen betrifft. Wir wollten den Ist-Stand erheben, um dann Umsetzungsempfehlungen für die betriebliche Praxis zu geben. Dabei sind wir darauf gestoßen, dass die MAVG sehr unterschiedlich eingesetzt werden – hier reicht das Spektrum von routinierter Praxis bis hin zur symbolischen Anwendung. So haben wir auch festgestellt, dass mitunter die Führung der MAVG in Art und Regelmäßigkeit der Beliebigkeit der Führungskräfte überlassen bleibt.“

HRM.de: Solche Gespräche laufen dann nach dem Schema: „Hast Du heute etwas zu sagen? Ich Dir auch nicht.“ Sie versumpfen auf gut Deutsch.

Sternatz: „Richtig. Damit ist eine Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit nicht zu erreichen. Mitunter wird diese unstrukturierte Vorgehensweise noch dadurch verschärft, dass das MAVG mit dem Gespräch zum Leistungsentgelt verbunden wird. Diese Verknüpfung lehnen wir ab, denn mit Fragen der materiellen Einkommensgestaltung verändert sich das MAVG in seiner Zielrichtung. Es handelt sich dann nicht mehr um das „klassische“ Instrument des Kulturwandels.“

HRM.de: Was raten Sie ihnen?

Sternatz: „Wir sollten dazu etwas weiter ausholen: Ziel des MAVG sollte es sein, die Kommunikation und Zusammenarbeit zu verbessern. Es besteht aus den Bausteinen „Aufgaben und Ziele“, „Persönliche Arbeitssituation“, „Führungsverhalten“ und „Qualifizierung“. Vorgesetzte und Mitarbeiter führen ein strukturiertes, vertrauliches Gespräch auf gleicher Augenhöhe. Es dient damit dem Kulturwandel; denn es fordert von den Beteiligten einen echten Dialog.

Von Führungskräften wird zunehmend kritisieren, dass die Vielzahl der Gespräche bei größer werdenden Führungsspannen nicht mehr zu schaffen sind – hier empfehlen wir ein schrittweises Vorgehen. Bewährt hat sich z. B. die pilothafte Einführung des MAVG in Teilbereichen. Darüber hinaus sollte erst mit einer guten betrieblichen Praxis das MAVG durch Zielvereinbarungen als Führungsinstrument (nicht zu verwechseln mit dem Leistungsentgelt nach § 18 TVöD) erweitert werden.

HRM.de: Wie sollen angesichts der politischen Dimension in den Kommunen Zielvereinbarungen auf Augenhöhe möglich sein?

Sternatz: „Schon der Begriff „Vereinbarung“ zeigt deutlich, dass in diesen Dialogen Spielräume vorhanden sein müssen. Es geht eben nicht darum, dass etwas bedingungslos vorgegeben wird.

Doch kommen wir zurück zur Ausgangsfrage: Meine Empfehlung ist, das Qualifizierungsgespräch – das auf Personalentwicklung abstellt – in das MAVG zu integrieren. Die Beschäftigten haben nach § 5 TVöD sowieso den Anspruch auf ein jährliches Qualifizierungsgespräch.

Vor diesem Hintergrund bietet sich die Chance, dem MAVG betrieblich einen neuen Drive- in Bezug auf die Regelmäßigkeit und die Verbindlichkeit der Durchführung- zu geben.

HRM.de: Welche Rahmenbedingungen befördern die flächendeckende Einführung des MAVG?

Sternatz: „Die Stadt München hat seit langer Zeit eine gute betriebliche Praxis des MAVG. Dort ist klar, dass das MAVG regelmäßig, d. h. einmal jährlich durchgeführt wird. Die Führungskräfte haben die Verantwortung zur Durchführung der Gespräche, es ist Teil ihrer Führungsaufgabe.

Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Gespräche keine Kann-Option sind, sondern tatsächlich der Verbesserung der Zusammenarbeit und der Führung dienen. Förderlich ist es auch, analog den Bausteinen des MAVG einen entsprechenden Gesprächs-Leitfaden zu erstellen, denn Vorgesetzte und Mitarbeiter/innen hilft dies bei der strukturierten Vorbereitung und Durchführung der Gespräche. “

Interview: Stefanie Heine