New York. Ein Filmmitschnitt von 1900. Die Kamera zeigt geschäftiges Treiben auf breiter Straße. Eine Straßenbahn bahnt sich rumpelnd ihren Weg durch die Stadt. Kein Polizist regelt den Verkehr. Links und rechts hüpfen Räder vorbei, hetzen Droschken zwischen Passanten davon. Autos fahren in diesem Trubel mitten rein. Sie sind neben den Passanten die beweglichsten Verkehrsteilnehmer. Sie fahren, wo es sich gerade und ganz schnell anbietet. Ihren Fahrern ist es einigermaßen egal, woher ihr Gefährt stammt. Der passionierte amerikanische Autofan fährt deutsche Erfindung, aus Mannheim anno 1886. Mit ihr kann er seinen Lebensstil umstellen. Noch haben nur wenige dieses Rasanzwunder. Das Milliarden Menschen einmal so flott fahren werden, ist damals noch kein Thema – wie auch, ahnt doch niemand, dass das Elend der Arbeiter so nicht fortbesteht. Und damit ist ein Dilemma der Moderne geboren. Im Gutem wie Bösen: Hitlers Soldaten marschieren auf Lastwagen in Polen ein. Feuerwehrleute löschen Häuser, die sie zu Pferd nicht mehr hätten retten können. Der Rennsport lockt Tausende Zuschauer und spielt Millionen ein. Die Abgase der Autos hüllen Städte eigentlich noch bis heute in trüben, ätzenden Smog. Glück, Unheil und Hoffnung liegen nah beieinander. Der schmale Grad, die Mitte zwischen den Extremen, macht nachhaltigen Segen aus.
Der meldet sich in Mannheim durch die Hintertür, als das erste Bio-Center namens „Die Biologische Insel“ in Mannheim-Brühl aufmacht. Da war es 1982 und Steffi Graf am Anfang ihrer fulminanten Tenniskarriere. Und wenn sich in einem ihrer Müsli-Vorratsgläser der Pegel senkte, lief sie über die Straße zum Nachbarn gegenüber, dem Bio-Center. Zwischen Naturbaustoff-Abteilungen und ökologischem Gartenbau-Angebot kaufte sie im Naturkostladen Rationen nach. Bald zog das Bio-Center in die nachbarschaftliche Residenz Schwetzingen, das noch heute im Ruf steht, mit seinen höfischen Tempelanlagen und dem weltberühmten Schlosstheater Mozart zu seiner Zauberflöte inspiriert zu haben. In Schwetzingen übernahm das Bio-Center das 11.000 qm große Gelände der ehemaligen internationalen Spedition Gerzymisch.
In der kurpfälzischen Idylle transformierte sich das Öko-Unternehmen und entwickelte eine Tochter: die Firma Pro Clima. Sie erfand die Luftdichtung für Gebäude, und legte damit den Grundstein zum Energiesparhaus. Pro Clima floriert seitdem bis heute an derselben Adresse. Pro Clima ist Mitglied in einem Verein – gemeinsam mit 90 anderen Firmen und Organisationen wie Wienerberger, Sto, WWF, IG Bau und Obi – der das Bio-Siegel der Baustoffe seit 2007 trägt. Der Verein flankiert die nachhaltige Entwicklung des Bausektors, der mit ca. 40% Anteil am Treibhauseffekt den größten Problemsektor darstellt. Ihren Geschäftssitz hat der Verein in Neckargemünd, eine halbe Autostunde von Schwetzingen entfernt.
Bei allem Unternehmergeist stand auch die Wissenschaft bei vielen Entwicklungen an der Wiege. 1998 gingen im Festsaal des Mannheimer Schlosses die Kronleuchter für eine Feierstunde an, die weltweite Bedeutung hatte; doch war es wieder ein Kreis Eingeschworener, die das Wahlpflichtfach „Ökologie“ in den Wirtschaftswissenschaften der Universität Mannheim bei Sekt und Reden einläuteten. Durch Kontakte der Hochschule zur ersten Marketing-Agentur für nachhaltige Marktforschung und Marketing wurde dem Inhaber Stephan Götze der Lehrauftrag für das erste Hauptseminar „Marktforschung für ökologische Produkte und Projekte“ übertragen.
Den letzten Mosaikstein bildet die Grundlagenforschung der Fachhochschule Ludwigshafen. Deren bekannteste Protagonistin ist Jutta Rump, die das Institut für Beschäftigung und Employability leitet. Die Fachhochschule führte vor zwei Jahren eine Bestandsaufnahme zum nachhaltigen Management in verschiedenen Wirtschaftszweigen durch. Die Ergebnisse fließen in die Inhalte des neuen MBA „Sustainable Management“ ein. Die Studenten profitieren von der großen Erfahrung mit Nachhaltigkeit in dieser Region. Übrigens: Das Auto bräuchte man in Dreieck Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen nur bedingt, würde mittlerweile auch die Bahn genügen.
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