Coaching sollte fast das Gegenteil sein –  die Rolle des Hofnarren wäre schon ein guter Anhaltspunkt. Und wer ist nun ein guter Hofnarr? Es ist einer, der nicht zu nahe steht und nichts zu verlieren hat, der offen Kritik und Widersprüche aufzeigt und die Courage hat, keine schnelle und einfache Lösung anzubieten.

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Foto von Alesia Kazantceva

Dem Manager auf Augenhöhe zu begegnen und ihn dennoch nach seinen Wünschen und Sehnsüchten zu fragen, ist kein Widerspruch. Die Haltung dazu ist zwar erlernbar, aber kooperieren muss gelebt werden. Der Coach wird in Zeiten wie diesen immer mehr zum emotionalen Beistand und Wachrüttler werden müssen, der neben der Performance auch die Qualität des Arbeitens und Lebens der Führungskraft im Auge hat. Er muss in größeren Zusammenhängen Situationen und Möglichkeiten aufzeigen, die für den Manager einen anderen Zugang zu sich selbst und anderen ermöglicht.

Wie komme ich auf so jemanden? Tja, dann helfen formale Auswahlkriterien nur zu selektieren, um dann einen persönlichen Kontakt zu suchen und mir dafür Zeit zu nehmen, denn Coaching braucht Zeit. Sich auf eine wirkliche Begegnung einzulassen, ist wohl der größte Hinderungsgrund auf der Suche nach einem guten Coach, denn qualifizierte gibt es mittlerweile tatsächlich genug.

Die Frage fängt meist bei mir selber an: Was will ich wirklich (verändern)? Und wer würde mich herausfordern und anregen? Und die entscheidende Qualitätsfrage ist wohl: wem erlaube ich das auch?

Die Zeit Nachzudenken haben wir nicht. Als Führungskraft muss ich handeln – und zwar rasch und das immer öfter und zwischen Tür und Angel. Viele Manager beklagen genau diese Situation und müssen sich im selben Atemzug eingestehen, dass es kaum anders geht. Zu vielfältig, umfangreich und komplex sind die Rahmenbedingungen und Inhalte geworden. Flexibilität und Schnelligkeit sind längst die Erfolgsfaktoren in großen Teilen der globalen Wirtschaft und selbst die regionale kann sich diesen Dynamiken nicht entziehen. 

In der Konsequenz muss sich der Einzelne immer stärker abgrenzen – und das nicht nur im Zeitmanagement. Selber die Rahmenbedingungen zu schaffen oder den Überblick zu bewahren, was Priorität hat, ist zwar ureigenste Führungsaufgabe, aber oft schwer umsetzbar. Dass dabei externe Sparringpartner und Rückenstärker in Form von Coaching hilfreich sein können, hat längst herumgesprochen und in vielen Unternehmen auch schon fast selbstverständlich etabliert. Umso mehr verwundert es, das dennoch die Wahl des passenden Coaches oft noch immer Fragen aufwirft.

Nach den vordergründigen Qualitätskriterien einer formalen Ausbildung, einer ISO-Zertifizierung oder Mitgliedschaft in einem der bekannten Dachverbände wäre ja schnell gesucht. Dass dann aber noch meist eine persönliche Referenz und Empfehlung über Erfahrungen im Kollegenkreis eingeholt wird, ist für Dienstleistungen, die noch dazu in Ihrer Leistungserbringung kaum messbar sind, selbstverständlich.

Die naheliegenden Kriterien einer Personenwahl nach ähnlichem Bildungs- oder Berufshintergrund ist logisch, aber leider oft nicht wirklich die richtige Entscheidungsgrundlage. Denn wenn ich mir den Coach nur nach Sympathie-Matching aussuche, in der Hoffnung, dass die Chemie stimmt, bekomm ich vielleicht auch nur das, was ich eh schon kenn und weiß. Im Coaching hätte ich aber die Chance, einmal ganz was anderes zu erleben und wahrzunehmen, das mir ermöglicht, aus dem Tunnelblick einen Weitblick zu eröffnen.

Nichtsdestotrotz hilft mir im Managementalltag ein kreativer Phantast wahrscheinlich auch nicht weiter, und jemand, der gar keine Ahnung von Struktur und Abläufen im Business hat, wird in der kurzen Zeit womöglich nicht anschlussfähig sein.

Entscheidend wird wohl die Persönlichkeit sein, die ich als Kontrapart, als Ergänzung und Bereicherung erlebe. Jemand, dem ich vertraue und der mir offen und ehrlich begegnet – auch im Inhalt –, der meine Sorgen und Ängste nicht kaschiert, sondern mir hilft, mein Versagen oder meine Grenzen nicht zu verschleiern. Auch wenn das Akquisegesetz erfolgreicher Berater zu heißen scheint: Rede den Kunden nach dem Mund und sag Ihnen nur das, was sie hören wollen.