Im Recruiting wird oft nur der Abschluss gefeiert – die Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag. Dabei ist der Weg dorthin mindestens genauso wichtig wie das Ziel selbst. Die Pflege der Talentpipeline, die ständige Verbindung zu potenziellen Kandidaten, gleicht einem Marathon, nicht einem Sprint. Gerade in Zeiten, in denen der Kampf um die besten Talente härter denn je ist, lohnt sich ein genauer Blick auf die Frage: Wie bleibt die Pipeline gefüllt, selbst wenn es aktuell keinen Einstellungsbedarf gibt?
Bewerber sind die neuen Kunden
Im Marketing zählen die potenziellen Kunden, die aktuell noch keinen Kauf getätigt haben, jedoch eine generelle Kaufabsicht signalisieren, zu den wertvollsten Zielgruppen. Die gleiche Logik sollte auch im Recruiting angewendet werden: Kandidaten, die einmal Interesse gezeigt haben, sollten kontinuierlich betreut werden – auch wenn sie in der ersten Runde nicht erfolgreich waren. Eine Studie von Robert Walters zeigt, dass 94 % der Kandidaten angeben, dass ihre Erfahrungen während des Bewerbungsprozesses ihre Entscheidung beeinflussen, ein Angebot anzunehmen oder abzulehnen.
Ähnlich wie im Marketing, wo potenzielle Kunden durch regelmäßige, relevante Informationen bei Laune gehalten werden, sollten auch Bewerber auf ihrer „Reise“ begleitet werden. Hierbei hilft eine optimierte Karriereseite, der Einsatz von personalisierten Newslettern und regelmäßige Updates zur Entwicklung im Bewerbungsprozess.
Unternehmenskultur erlebbar machen
Die Zeit der Hochglanzbroschüren und formalen Vorstellungsgespräche ist vorbei. Kandidaten wollen authentische Einblicke in die Unternehmenskultur. Eine starke emotionale Bindung zu einem Unternehmen entsteht nicht durch bloße Worte, sondern durch gelebte Werte und transparente Kommunikation. Videos von Mitarbeitenden, die über ihre täglichen Herausforderungen und Erfolge sprechen, virtuelle Unternehmensrundgänge oder Social-Media-Beiträge über Teamevents und Projekte können eine enorme Wirkung entfalten. Auf diese Weise gewinnen potenzielle Talente nicht nur einen Einblick in die fachlichen Anforderungen eines Unternehmens, sondern können auch einschätzen, ob die gelebten Werte und die Arbeitsweise zu ihren eigenen Erwartungen passen.
Kommunikation ist alles
Es gibt keinen schnelleren Weg, Kandidaten zu verlieren, als durch mangelnde Kommunikation. Heutzutage kommt es immer häufiger vor, dass Bewerber plötzlich den Kontakt abbrechen oder ohne Vorwarnung aus dem Bewerbungsprozess aussteigen – ein Phänomen, das als ‘Bewerber Ghosting’ bekannt ist. Ghosting entsteht häufig durch einen frustrierenden Bewerbungsprozess: lange Wartezeiten, fehlende Rückmeldungen oder das Gefühl, in einem langwierigen und unpersönlichen Verfahren festzustecken, ohne Fortschritte oder ausreichende Informationen, führen dazu, dass Kandidaten abspringen.
Laut einer aktuellen Umfrage von Indeed geben 77 % der Bewerber an, schon einmal ein Unternehmen „geghostet“ zu haben, weil der Prozess zu lange gedauert hat oder sie sich nicht wertgeschätzt fühlten. Diese Entwicklung zeigt, dass das Phänomen nicht nur auf Bewerberseite stattfindet, sondern als Reaktion auf schlechte Candidate Experiences erfolgt. Das Risiko, die besten Talente durch mangelnde Kommunikation zu verlieren, ist größer denn je.
Hier können durchdachte Kommunikationsstrategien, unterstützt durch Automatisierung, wahre Wunder bewirken. Automatische Status-Updates, die zeitnahe Beantwortung von Fragen und die Nutzung von Chatbots, um direktes Feedback zu ermöglichen, können verhindern, dass Kandidaten den Kontakt abbrechen. Auch Anonymität wird von den meisten Bewerbern während des Bewerbungsprozesses als unangenehm empfunden.
Selbst wenn keine endgültige Entscheidung vorliegt, zeigt regelmäßige Kommunikation, dass das Unternehmen die Zeit und das Engagement der Bewerbenden schätzt. Gerade in kritischen Phasen des Bewerbungsprozesses kann eine personalisierte Ansprache den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Abschluss und einem plötzlichen Abbruch ausmachen.
Unverwechselbare Candidate Experience schaffen
Im Wettbewerb um die besten Talente muss sich ein Unternehmen klar von der Masse abheben. Boni und Gehälter allein reichen nicht mehr aus. Eine einzigartige Candidate Experience ist entscheidend – und dazu gehören nicht nur die formalen Abläufe im Bewerbungsprozess, sondern auch besondere Erlebnisse, die eine Bindung zum Unternehmen aufbauen.
Dies kann durch gezielte Einblicke während des Bewerbungsprozesses geschehen, etwa durch Gespräche mit Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Abteilungen und Hierarchieebenen. So zeigt das Unternehmen, dass es sich aktiv um seine potenziellen neuen Mitarbeitenden bemüht. Denken Sie gerne selbst einmal darüber nach, was Sie von Ihrem aktuellen Arbeitgeber überzeugt hat.
Bauen Sie langfristige Beziehungen auf
Die Art, wie Sie den Bewerbungsprozess gestalten, entscheidet zunehmend darüber, ob Kandidaten den Weg bis zum Ende mitgehen. Machen Sie Ihre Candidate Journey zu einem echten Erlebnis, das Kandidaten überzeugt, auch in Zukunft mit Ihrem Unternehmen in Kontakt zu bleiben – selbst wenn aktuell kein direkter Einstellungsbedarf besteht. Nutzen Sie jetzt die Chance, den Grundstein für eine langfristige Beziehung zu Ihren Talenten zu legen.