Low Performance

Aktivierung von Mitarbeitern
mit reduziertem Leistungsprofil
Von Reinhold Haller
Haufe Verlag
233 Seiten, 44,95 Euro
ISBN: 978-3-648-04347-9
Seit 2002 gibt das Meinungsforschungsinstitut Gallup jeweils im Frühjahr den sogenannten „Engagement Index“ heraus, eine weltweit durchgeführte Studie zur Bestimmung des Engagements der Mitarbeiter, welche sich nach dem Grad ihres Engagements am Rande der „inneren Kündigung“ befinden.
Lesbarkeit und Gliederung
Das Buch ist sehr gut und verständlich geschrieben. Haller hat offensichtlich mit vielen Personalverantwortlichen gesprochen, deren Erfahrungen in diesen Band eingeflossen sind. Bei der Lektüre geht allerdings zuweilen der rote Faden verloren. Beim Durcharbeiten des Buches musste ich immer mal wieder zurückblättern und Stellen nachlesen, damit ich fortfahren konnte.
Empfehlung für Personalverantwortliche
Die online veröffentlichten Checklisten sind sehr empfehlenswert – eine wahre Fundgrube für die tägliche Arbeit mit Mitarbeitern. Ich kann empfehlen, die Arbeitshilfen zum Buch aus dem Internet herunterzuladen, um sie als Regelwerk für die tägliche Arbeit nutzen zu können. Gleichzeitig wäre es schön, wenn das Buch Unterlagen enthielte, die jeder Personalverantwortliche an seine Unternehmensressourcen anpassen kann. Das bedeutet für mich: zum Beispiel das Verwenden von Flussdiagrammen (was wäre wenn), die einen leicht vorgegebenen Lösungsansatz für kleine Unternehmen ersichtlich machen.
Leseprobe
Man muss diese umfangreiche, wenn auch in einigen Bereichen methodisch angreifbare Studie nicht zum Evangelium erheben. Dennoch korreliert das Studienergebnis auffallend stark mit der Erfahrung vieler Personalverantwortlicher, Führungskräfte, Kollegen und mitunter auch offen sprechender Betriebsräte: Fast jedes mittelständische und erst recht große Unternehmen klagen über das Phänomen der sogenannten „Low Performer“; also solche Mitarbeiter, welche nicht – bzw. nicht mehr – willens oder in der Lage sind, eine ihrem Arbeitsvertrag und Entgelt entsprechende Leistung zu erbringen. Gallup beziffert die Folgekosten dieses Phänomens auf jährlich 18,3 Milliarden Euro für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Dass ungeachtet solch spezieller Modellrechnungen das Phänomen der Low Performance gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben dürfte, ist ebenso schlüssig wie bekannt und wird zudem auch durch zahlreiche andere Studien belegt. Betrachtet man dagegen Führungsleitbilder und –praktiken mittelständischer und großer Unternehmen, so fällt auf, dass dem Erscheinungsbild Low Performance kaum Beachtung geschenkt wird.
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Praktischer Nutzwert
Die praxisnahe Umsetzung der Erkenntnisse des Buches „Low Performance“ von Reinhold Haller wird teilweise gehemmt durch die Tatsache, dass sich die verwendeten arbeitsrechtlichen Gesetztestexte ausschließlich auf deutsches Recht beziehen. Auch die meisten Instrumente, die das Buch beschreibt, stammen aus Deutschland. Eine Ausnahme ist der auf Seite 146 angeführte Impuls-Test für das betriebliche Gesundheitsmanagement, den die österreichische Arbeiterkammer, der österreichische Gewerkschaftsbund und die Wirtschaftskammer Österreich entwickelt haben.
Positiv ist hingegen, dass der Autor praxisnahe und nachvollziehbare Beispiele für Low Performance bietet.
Auch seine Lösungsansätze sind gut beschrieben und in vielen Organisationen durchführbar. Das Hauptaugenmerk sollte - meiner Meinung nach - auf jenen Minderleistern liegen, die in kleineren Unternehmen durch fehlende Motivation am Arbeitsplatz auffallen – und auch mit der jeweiligen Qualifikation der zuständigen Vorgesetzten konfrontiert werden. Dies kann auch die umgekehrte Schlussfolgerung nahe- legen: Ein Vorgesetzter, der Dienst nach Vorschrift macht, kann genauso ein Minderleister sein, wie jener Mitarbeiter, den es zu beurteilen gilt. Große Unternehmungen haben hier den Vorteil einer eigenen HR-Abteilung, die im Umgang mit Minderleistern geschult sein sollte. Dieses Buch bezieht sich allerdings ausschließlich auf mittlere bis größere Unternehmungen.
Er stellt sich diesem oftmals tabuisierten (und ziemlich hilflos betrachteten) Thema und beleuchtet aus den unterschiedlichsten Perspektiven die persönliche Situation der Betroffenen und der Organisation sowie die damit verknüpften rechtlichen Rahmenbedingungen.
Spezifische Fallanalysen und Lösungsansätze machen es dem Leser leicht, einerseits unmittelbar Nutzen zu generieren und andererseits den Bogen zu spannen zu den Verbesserungspotenzialen innerhalb des eigenen Wirkungskreises.
Der Autor setzt sich detailliert mit den verschiedenen Rollen innerhalb der Organisation auseinander und schafft es dadurch, deren systemischen Einfluss sichtbar zu machen:
Wie gestaltet sich das Spannungsfeld zwischen Unternehmensleitung (gesteuert und getrieben durch strategische und wirtschaftliche Vorgaben), Personalabteilung (und deren nicht entsprechend wahrgenommener Rolle innerhalb der Organisation), Führungskräften (oftmals nicht den Anforderungen entsprechend ausgebildet, geschult und unterstützt), dem Betriebsrat (die Rolle des Beschützers einnehmend) und last but not least dem Mitarbeiter (der sobald er mit der Rückmeldung „Minderleistung“ konfrontiert wird, unweigerlich in die Abwehrhaltung geht)?
Der zweite Teil des Buches konzentriert sich auf begleitende Aktivitäten und Lösungsansätze, die reduzierten Leistungsprofilen – zusätzlich zu den im Vorfeld aufgezeigten Möglichkeiten – kontinuierlich und lang-fristig den Nährboden entziehen sollen:
dem betrieblichen Gesundheitsmanagement (Achtung: Betriebliches Gesundheits- und Wiedereingliederungsmanagement wird unter deutschen Gesichtspunkten behandelt), der Resilienz als Schlüssel zu Fürsorge und Aktivierung sowie der Kraft der Kommunikation.
Ergänzend erhält der Leser umfangreiche Checklisten und Hilfestellungen, die es ihm ermöglichen, die vermittelten Inhalte zu reflektieren und individuelle Lösungen zu entwickeln.
Reinhold Haller gelingt es durch den klaren Aufbau und die strukturierte Abfolge, das Thema in leicht lesbarer Form zu beleuchten. Durch Fallbeispiele, systematische Darstellungen und Literaturverweise lockert er die Abfolge auf und ermöglicht es dem Leser, durchwegs unmittelbare Bezüge herzustellen. Untermauert durch die zeitgemäße Betrachtungsweise ist dies ein Buch, dem man Aufmerksamkeit widmen sollte.