In Zeit geführte Konten

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Foto von Alesia Kazantceva

Die in Zeit geführten Wertguthabenvereinbarung stammen in aller Regel noch aus der Zeit vor den Flexi II-Gesetzen und können daher nur noch Altfälle sein. Die damals eingeführte Übergangsregelung für Altfälle ist jedoch unbefristet, weshalb es bis heute WGV in den Bilanzen der Unternehmen gibt, die nicht in Geld sondern in Zeit geführt werden. Die Wertentwicklung des in Zeit geführten Kontos ist für den Arbeitnehmer in aller Regel positiv, da sich die angesparten Stunden und Minuten im Laufe eines Arbeitslebens tendenziell verteuern. Tarifabschlüsse und der allgemeine Karrieretrend führen im Normalfall dazu, dass eine in jungen Jahren eingesparte Stunde beim späteren abfeiern mehr Wert sein wird. In der Steuerbilanz des Arbeitgebers wird das ZWK häufig sehr einfach in Form einer Rückstellung in der Bilanz passiviert: Aktueller Stundensatz des betreffenden Arbeitnehmers multipliziert mit der Anzahl der angesparten Stunden.

 

 Abzinsung der Rückstellung?

Passiviert der Arbeitgeber in seiner Bilanz eine Rückstellung aus einer WGV, gilt es zu klären, ob diese als verzinslich anzusehen ist. Gemäß § 6 Absatz 1 Nr. 3a Buchstabe e EStG sind Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen, wenn diese keiner Verzinsung unterliegen. Nun stellt sich die Frage, ob im Hinblick auf regelmäßige Tarifabschlüsse und steigenden Karrieretrend nicht von einer naturgegebenen Verzinsung der Rückstellung ausgegangen werden muss. Auch die Verwaltung war sich in dieser Frage zunächst nicht einig und stellte in einem der ersten BMF-Schreiben zu dem Thema im Jahr 1999 fest, dass die Rückstellung verzinslich im Sinne des § 6 EStG ist, wenn die Fortschreibung der Verpflichtung entsprechend der Gehalts- oder Kursentwicklung von am Kapitalmarkt angelegten Wertpapieren ist. Nach dieser Regelung würde eine Abzinsung der meisten Rückstellungen heute in aller Regel nicht nö- tig sein. Erst im Jahr 2007 wurde diese Ansicht durch einen dezidierteren Ansatz der Verwaltung ergänzt. So stellte das BMF in seinem am 23.3.2007 zur Verpflichtung aus Altersteilzeitverträgen ergangenen Schreiben klar, dass die Frage, ob die Verpflichtung zur Leistungserbringung in der Freistellungsphase verzinslich ist, sich nach der konkreten Vereinbarung im jeweiligen Einzelfall zu richten hat. Wird etwa während der gesamten Laufzeit der Altersteilzeit eine Vergütung in unveränderter Höhe bezogen, liegt demnach eine unverzinsliche Verpflichtung vor. Allgemeine Wertfortschreibungen, wie z.B. mögliche oder konkret vereinbarte Tariferhöhungen, stellen keine Verzinslichkeit im Sinne des § 6 EStG dar, die Rückstellung ist demnach abzuzinsen. Nicht selten werden Zeitwertkonten aufgrund von WGV dadurch „verzinst“, dass sie an den Verlauf/Wert eines Wertpapierdepots geknüpft werden. Doch auch wenn dem Arbeitnehmer hierbei als Untergrenze stets das eingezahlte/angesparte Guthaben bleibt, muss auch an dieser Stelle von einer unverzinsten Verpflichtung ausgegangen werden. Die Volatilität des Kapitalmarkts ist noch weitaus stärker als die der Lohnentwicklung und kann daher noch weniger für eine Verzinsung im zivilrechtlichen Sinne (= laufzeitabhängige Vergütung für Kapitalnutzung, meist in % des Kapitalbetrags) herhalten, die nicht gewinn- oder umsatzabhängig ist. Der jeweilige Abzinsungszeitraum hängt von der konkreten Betriebsvereinbarung ab. In den meisten Fällen werden WGV dazu verwendet, einen vorzeitigen Ruhestand zu ermöglichen. Da die Verpflichtung zur Zahlung von „Gehalt“ sich damit bis zum regelmäßigen Pensionsalter des Arbeitnehmers erstreckt, ist dies auch der Ausgangspunkt für den Abzinsungszeitpunkt. Handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung können vom Abzinsungszeitraum noch Abschläge vorgenommen werden, da davon ausgegangen werden muss, dass die angesammelten Guthaben nicht nur für den vorzeitigen Ruhestand, sondern auch für andere Zwecke verwendet werden. Im BMF-Schreiben von 1999 war bereits ein pauschaler Abschlag von drei Jahren vorgesehen, der auch heute noch als angemessen gilt. Das Zeitwertkonto hat sich etabliert und stellt mittlerweile eine weitverbreitete Form dar, sich den Ruhestand bereits ein wenig früher zu erkaufen. Auch in der Frage der Finanzierung der passiven Zeit haben sich die wertpapiergebundenen WGV zu einem sicheren Instrument entwickelt. Es bleibt nur noch die Frage, wie der BFH über das Thema von ZWK bei Organen von Kapitalgesellschaften entscheidet.

Die Grundidee einer WGV (auch Langzeitkonto oder Zeitwertkonto (ZWK)) ist so einfach wie effektiv: In einer definierten Ansparphase bringt der Arbeitnehmer lohnsteuerfrei Geld, respektive Zeit auf ein Zeitwertkonto ein. Im Laufe der Zeit steigt der Wert des gesparten Kapitals und kann dann in der ebenfalls definierten Auszahlungsphase in Anspruch genommen werden. Dabei kann sich der Arbeitnehmer teilweise oder vollständig von der Arbeit freistellen lassen. Die Höhe der in dieser passiven Zeit ausgezahlten Arbeitgeberleistungen kann dabei zwischen 70% und 130% des bisherigen Gehaltsniveaus liegen. Neben der Erhöhung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre gibt es noch weitere gute Gründe, weshalb ab 2007/2008 ein starker Anstieg der WGV zu verzeichnen war.

So wurde in dieser Zeit auch der Wegfall der Subventionierung der Altersteilzeit beschlossen und im Arbeitsrecht wurden durch die sogenannten Flexi II-Gesetze die Rahmenbedingungen für Zeitwertkonten und WGV präzisiert. Damit wurde mit dem Angebot der WGV ein weiteres Vergütungsinstrument geschaffen, mit dem sich der Arbeitgeber auf dem umkämpften Arbeitsmarkt im Kampf um die besten Köpfe ein Stück weit interessanter machen kann. Rein technisch gesehen können ZWK auf zwei Arten geführt werden: Sie können in der Währung „Zeit“ bestehen oder sie werden in „Geld“ geführt. 

Die Fallstricke bei WGV / ZWK

 

Obergrenze

Eine grenzenlose Zuführung in das Zeitwertkonto ist nicht möglich. Es gilt der Grundsatz, dass Gutschriften dann nicht mehr möglich sind, wenn feststeht, dass das angesparte Guthaben in der Freistellungsphase vor dem Ruhestand nicht mehr völlig aufgebraucht werden kann. In der Freistellungsphase kann jährlich maximal die Höhe des ungekürzten (vertraglich vereinbarten, gesamten) Arbeitslohns ausgezahlt werden.

 

Planwidrige Verwendung

Von einer planwidrigen Verwendung sprechen wir, wenn der Arbeitnehmer das angesparte Guthaben ganz oder teilweise vor Beginn der vereinbarten Freistellungsphase ausgezahlt bekommt. Die Gründe für eine vorzeitige Auszahlung sind vielfältig: etwa die Geburt eines Kindes oder die Kündigung des Arbeitnehmers. Eine solche planwidrige Verwendung hat zur Folge, dass das gesamte Guthaben des Zeitwertkontos im Zeitpunkt der planwidrigen Verwendung als sonstiger Bezug zu versteuern ist. Da es sich dabei um Arbeitslohn für mehrere Jahre handeln kann, ist die Anwendung der Fünftelregelung grundsätzlich möglich. Die einzige Ausnahme stellt eine „existenzbedrohende Notlage“ des Arbeitnehmers dar. Wird ihm ein Teil des Guthabens im Falle einer schweren Krankheit oder für die materiellen Folgen einer Naturkatastrophe ausgezahlt, ist das Guthaben auf dem Zeitwertkonto nicht per se der Lohnsteuer zu unterwerfen. Lediglich der für den Notfall ausgezahlte Teil führt zu einem Lohnzufluss.

 

Gesellschafter-Geschäftsführer und Organe von Kapitalgesellschaften

Möchte ein Organ einer Kapitalgesellschaft Teile seines ihm zustehenden Arbeitslohns in ein Zeitwertkonto einbringen, ist dies nach Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 17.6.2009, BStBl 2009 I S. 1.286) bisher nicht möglich, da dies mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft nicht vereinbar sei. Infolgedessen führt bereits die Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum sofortigen Zufluss von Arbeitslohn.

Bereits 2012 haben verschiedene Finanzgerichtsurteile Bewegung in die Sache gebracht. Gleich drei Urteile aus dem Jahr 2012 (Finanzgerichte Hessen vom 19.1.2012, AZ 1 k 250/11; Niedersachsen vom 16.2.2012 AZ 14 K 202/11 und Düsseldorf vom 21.3.2012 AZ 4 K 2834/11) widersprechen den Ausführungen im BMF-Schreiben direkt. Alle drei Urteile befassen sich mit der Gutschrift von Arbeitslohn eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf ein mit seiner Kapitalgesellschaft vereinbartes Zeitwertkonto. Zwar variieren die Sachverhalte in den drei Urteil ein wenig (der Geschäftsführer hatte mal eine beherrschende Stellung [FG Hessen], mal war er Minderheitsgesellschafter [FG Niedersachsen]). In einem sind sich die Gerichte jedoch einig: Einzahlungen auf einem Zeitwertkonto führen auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzahlungsjahr noch nicht zu steuerpflichtigem Zufluss von Arbeitslohn. Die Zuführungen zum Zeitwertkonto seien gemäß §§ 8 Absatz 1, 11 Absatz 1 EStG im Zuflussjahr nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassen. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer beherrsche durch seine Stellung in der Gesellschaft zwar das Unternehmen, erziele als Geschäftsführer und Arbeitnehmer aber nichtselbständige Einkünfte. Entscheidend sei damit eben nicht die Stellung in der Gesellschaft, sondern das bestehende Arbeitsverhältnis mit den daraus erzielten Einkünften und wann diese dem Geschäftsführer zugeflossen seien. Die Gutschrift auf einem von der Gesellschaft geführten Zeitwertkonto stelle keinen Zufluss im Sinne von § 11 Absatz 1 EStG dar.

Erwartungsgemäß ging die Verwaltung gegen diese Entscheidung in Revision (FG Niedersachsen, Urteil vom 16.2.2012, Az. 14 K 202/11, Rev. Bundesfinanzhof, Az. VI R 19/12), eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Sache steht jedoch noch aus.

Fotocredit: Benjamin Klack | www.pixelio.de

Quelle: LohnPraxis • Nr. 3 • März 2015 | www.lohn-praxis.net