Inspiration, Themenfindung und Tools zur Selbstorganisation

man and woman laughing while sitting in front of laptops
Foto von You X Ventures

„Die Inspirationen hole ich mir nicht, sie fliegen mir viel eher zu“, meint Jörg Buckmann. „Wenn ich bei Kunden, Partnern oder in den Medien etwas sehe, gibt mir das Stoff, um in die Tasten zu greifen.“ Er sei ein neugieriger Mensch, „wohl die Grundvoraussetzung, um über Jahre als Blogger dran zu bleiben“, so Buckmann. Zudem habe er auch ein gutes Netzwerk mit interessanten Kolleginnen und Kollegen, so fehle ihm kaum je an Themen, vielmehr an Zeit, sie auch zu bearbeiten. „Hat man sich einen Namen gemacht, dann werden Themen schon mal an einen herangetragen.“ Das sei natürlich schön und auch eine Bestätigung. Ans Aufhören denkt Buckmann jedenfalls nicht: „Es passiert einfach zu viel, als dass ich aufhören könnte. Manchmal rege ich mich auch auf – dann ist das Schreiben mein Ventil.“

Manchmal gehe auch ihm der sprichwörtliche Hut hoch, wenn er schlecht recherchierte Themen entdecke, gibt Robindro Ullah zu. „Wenn ich mich dann wieder beruhigt habe, versuche ich solche Themen auf meinem Blog nochmals aufzubereiten.“ Zudem sei er neugierig und denke gern laut. Für die Themenfindung inspiriere ihn meist das HR Trend Magazin hr-tomorrow. „Ansonsten nutze ich Snapchat, IFTTT und Feedly sowie mein Netzwerk, um mich auf dem Laufenden zu halten. Meine Organisation läuft viel via Slack, Evernote und Facebook Messenger.“

„Die Themen finden uns auf vielen Wegen, das können aktuelle Fragestellungen, Veranstaltungen oder Erlebnisse mit unseren Kundinnen und Kunden sein oder natürlich unsere eigenen Erfahrungen in unserer beruflichen Vergangenheit in HR-Funktionen“, so Claudia Lorber & Marlies Pree-Moharitsch. „Sobald einer von uns ein Thema unter den Nägeln brennt, wird ein Dokument in Word oder Google Notizen mit einer Rohfassung oder Stichworten angelegt.“ Jeweils am Dienstag würden die Aufgaben für die Blogbeiträge verteilt, Deadline sei dann immer Donnerstag Abend.

Der Blog selbst sei aufgrund der neuen Website Anfang 2017 von Blogger auf WordPress umgezogen. „Für die Bilder in unseren Blogbeiträgen nutzen wir Canva und die Verteilung über Social Media machen wir mittels Onlim. Zusätzlich nützen wir Feedly, um am Laufenden zu bleiben, Pocket für Links zu Artikeln oder Websiten und Slack und Skype, um ortsunabhängig miteinander zu kommunizieren.“

Um meisten motivierten sie die Rückmeldungen der Leserinnen und Leser, am Bloggen dranzubleiben. HR-Verantwortliche meldeten sich per E-Mail und bedankten sich, direkt in sozialen Medien oder im Blog kommentierten sie eher selten. „Oft hören wir ‚endlich schreibt das mal jemand, was ich mir denke!‘ Zudem erwähnten Kandidatinnen und Kundinnen im Gespräch fast immer den Blog und sagten, dass sie dadurch schon ein Gespür für ihre Arbeitsweise bekämen. Auch Rückmeldungen von anderen Bloggerinnen und Bloggern sorgten für Motivation. „Und natürlich, dass uns die Themen einfach nicht ausgehen wollen.“

Tipps für Blog-Anfänger

Und was braucht es, um selbst mit dem Bloggen zu beginnen? Zunächst sollten sich Personalisten selbst  diese Fragen stellen, meinen Claudia Lorber & Marlies Pree-Moharitsch: „Schreibe ich wirklich gerne? Interessiert mich ein HR-Thema so sehr, dass ich mir vorstellen kann, regelmäßig, also zumindest zweimal im Monat darüber zu bloggen? Habe ich die Zeit, nicht nur zu schreiben, sondern auch die Blogbeiträge zu veröffentlichen und zu verteilen? Wer jetzt dreimal mit dem Kopf genickt hat – loslegen! Oder alternativ einfach mal bei uns einen Gastbeitrag schreiben und hineinschnuppern in die Bloggingwelt!“

Auch Robindro Ullah empfielt, zunächst mit Gastbeiträgen einzusteigen. „Lieber Personaler, schließ dich erstmal dem personalblogger an, probiere dich aus und guck mal, ob der Workload, den ein Blog mit sich bringt, auch dir Spaß macht. Wenn ja, dann mach eine kurze Strategiesitzung mit Freunden, am besten auch HRler, und gründe einen Blog.“

Einsteigewillige sollten auf jeden Fall den Aufwand nicht unterschätzen, meint auch Jörg Buckmann. Zunächst sollten sie einen Redaktions- und Vermarktungsplan entwerfen, sich „auf einen Marathon einstellen, nicht auf einen Sprint“, und dann einfach mal loslegen, denn die Kommunikation im HRM gewinne enorm an Bedeutung.

Die Veränderungsgeschwindigkeit nimmt im HR-Management zu. Ebenso verkürzen sich die technologischen Innovationszyklen bei HR-relevanten Tools“, meint Dr. Manfred Böcker von HR-PR Consult. HR-Blogs seien im Vergleich zu anderen Medien bei diesen Trends schneller und näher dran, zumindest bei einigen Themen wie Recruiting oder Employer Branding. Insofern bildeten Blogs zwar nicht ein ganzheitlich verstandenes HR-Management ab, jedoch hätten sie das Informationsangebot für HR-Spezialisten in den vergangenen Jahren extrem bereichert, so der Experte.

Was sie zum Bloggen antreibt und welche Tipps sie Einsteigern ins Bloggen geben würden, haben wir Blogger aus Österreich, Deutschland und der Schweiz gefragt.


Warum bloggen?

„Die Idee zu bloggen kam mir, nachdem ich regelmäßig aktuelle Geschehnisse im Netz, die eine hohe Relevanz fürs Recruiting hatten, für meine Kollegen zusammengefasst hatte“, erzählt Robindro Ullah, mehrfach ausgezeichneter Experte im Bereich Personalgewinnung. Von dort sei der Schritt, seine Zusammenfassungen auf einem Blog zu veröffentlichen, nicht mehr allzu groß gewesen.

Damals, 2009, sei er einer der ersten HR-Blogger gewesen, und da es dieses Angebot noch nicht gab, erschien ihm der Schritt zum Bloggen ganz logisch. Sein Einstiegsthema war damals Twitter Recruiting. „Heute blogge ich vor allem auch, um meine eigenen Gedanken zu sortieren. Es geht mir weniger um Berichterstattung, obwohl das  hin und wieder auch vorkommt, sondern viel mehr darum, Ideen und Gedanken zu teilen“, so Ullah, dessen aktueller Blog unter www.hrinmind.de zu finden ist. „Ich bin weniger Journalist und Aufdecker – eher der Spinner und Visionär.“

„Claudia wollte als Kind Journalistin werden, ist aber dann in der HR gelandet“, erzählen Claudia Lorber und Marlies Pree-Moharitsch, die beiden Gründerinnen von HR Relations. Als sich Claudia Lorber 2014 mit einer Beratung für HR selbstständig machte, gab ihr ein befreundeter Marketingexperte den Rat, zu bloggen. Nach kurzer Recherche fand sie heraus, dass es kaum Blogs aus Österreich gibt, die sich mit Recruiting befassen, also habe sie sich etwas mit dem Bloggen vertraut gemacht und losgelegt. Seither erscheint wöchentlich jeden Freitag ein neuer Blogbeitrag.

Durch die Zusammenarbeit mit Marlies Pree-Moharitsch habe sich das Themenspektrum dann um weitere HR-Felder erweitert. „Marlies hat ebenfalls eine starke Affinität zur Kommunikation und Information. Sie hat selbst in ihren bisherigen HR-Jobs immer auch die interne Kommunikation mitverantwortet. Ihre Beiträge auf unserem Blog auf www.hr-relations.com ergänzen somit auch die Themen interne Kommunikation und Unternehmenskultur sowie mentale Kompetenz.“

Für Jörg Buckmann begann das Bloggen mit der „puren Freude am Schreiben und ‚meinem‘ Thema, dem Personalmarketing, keine Strategie oder Berechnung.“ Jetzt sei der Blog frechmut-blog.ch ein Stück weit auch Teil seiner Positionierung als Berater und Speaker.

Leseempfehlungen

Welche Blogs von Kolleginnen oder Kollegen lesen unsere Bloggerinnen und Blogger und würden sie Personalisten als Lektüre empfehlen? „Ich muss sagen, dass ich mittlerweile den Trend der großen weiten Welt verspüre und mich eher in Richtung ‚kleinerer‘ Blogs orientiere, also auf Micro Influencer“, so Robindro Ullah und nennt hrisnotacrime, Salonderguten und den hrStrategie.blog. „Zudem gefällt mir der personalblogger gut – ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmens-HRler.“

Welchen Blog man als Personaler lesen sollte, hänge von eigenen Interessen und Themenstellungen ab, sagen Claudia Lorber & Marlies Pree-Moharitsch. „Es ist schwierig, hier eine Auswahl zu treffen, denn es gibt sehr viele richtig gute, sowohl deutsch- als auch englischsprachige.“ Eine Übersicht bekomme man zum Beispiel mit der App HR-Blogger, dort seien die meisten deutschsprachigen HR-Blogs gelistet. „Eine Empfehlung wollen wir aber doch abgeben: Personaleum von Herwig Kummer, auch ein Blog von einem HR-Praktiker aus Österreich. Wir arbeiten noch an einem blogübergreifenden ‚Gemeinschaftsbeitrag‘.“

„Als auf HR-Management und HR-Dienstleistung spezialisierter Kommunikationsberater habe ich alle reichweitenstärkeren HR-Blogs im Auge“, meint Manfred Böcker. An Personalmarketing 2.0 und Saatkorn schätze er den detaillierten Blick auf die Praxis der Arbeitgeberkommunikation, bei Wollmilchsau interessiere ihn vor allem stärker technisch getriebene Themen. „Da mich das Thema Eignungsdiagnostik schon länger interessiert, schaue ich auch gerne mal beim Recrutainment Blog vorbei.“

Die Bloggerszene sei zumindest im Personalmarketingbereich fast so etwas wie eine Familie, meint Jörg Buckmann. „Man kennt sich, mag sich und gönnt einander spannende Geschichte. Darum lese ich sehr gerne die Blogs meiner deutschen Kollegen.“ Interessanterweise gebe es unter den HR-Bloggern nur wenige Frauen.

„Meine Hitparade führt Henner Knabenreich an. Der schreibt wie ein Herrgott. Leicht, pointiert, lebendig und oft auch süffisant. An Henner mag ich die unglaublich persönliche Note seiner Beiträge“, schwärmt Buckmann. Eine ähnlich persönliche Schreibe zeichne auch die Blogs von Henrik Zaborowski und Stefan Scheller aus. Und zu den lesenswertesten Blogs zähle er den Rede und Antwort-Blog von Jan Willand. Seit Jahren auf einem konstant hohen Level seien zudem die Blogs von Jo Diercks, der Wollmilchsau und von Saatkorn sowie von Christoph Athanas aus Berlin. „Jetzt ist mir ganz ehrlich gesagt nicht so ganz wohl – ich weiss, dass ich einige weitere nicht aufgeführt habe, die eine Nennung auch verdient hätten. Die Vielfalt ist wirklich riesig. Mal schauen, wer mich beim nächsten Meeting nicht mehr grüßt…“

Bedeutung der Kommunikation im HRM nimmt zu

„Waren in den letzten Jahrzehnten im HRM andere Themen und Kompetenzen im Fokus, setzt sich die Erkenntnis langsam durch, dass ohne Kommunikation alles nichts ist. Gerade auch intern, nicht nur im Außenauftritt,“ so Buckmann weiter. HR-Blogs spielen in dieser Entwicklung seiner Meinung nach durchaus eine Rolle, nicht zuletzt durch den enormen Lerneffekt: „Bloggen heißt auch Kommunikation durch Learning by Doing.“

„HR-Blogs bieten einen guten Überblick über aktuelle Themen und sind oft wesentlich kurzweiliger und unterhaltsamer zu lesen als Artikel in Fachmagazinen oder Sachbücher,“ so Claudia Lorber & Marlies Pree-Moharitsch. „Wir hoffen stark, dass Kommunikation mehr Bedeutung im HRM gewinnt und strengen uns auch wirklich an, hier auf allen Ebenen zu unterstützen und zu begleiten.“ Leider sei die HR-Funktion sehr oft nicht geübt in der Kommunikation, zum Beispiel was die eigene Leistung angeht, oder verstecke sich hinter der Ausflucht „wir sind ja nicht Vertrieb“. Aber wenn sich HR nicht bald aus der Komfortzone begebe, sich selbst hinterfrage, und endlich sichtbar werde, könnte das unangenehm werden, prognostizieren die beiden HR-Designerinnen. „Dazu haben wir natürlich auch schon mal gebloggt“.

„Die Bedeutung der Kommunikation im HRM war schon immer maximal. Nun wird diese Kommunikation lediglich auf andere Kanäle verschoben, die vermutlich besser geeignet sind“, betont Robindro Ullah. „Die Bedeutung hat aber auf gar keinen Fall dadurch abgenommen – und zugenommen nur dann, wenn Sie ‚maximal‘ noch steigern wollen.“ HR-Blogs hätten in dieser Kommunikation einen festen Platz eingenommen und sich etabliert. Von vielen würden sie schon als gegeben und gleichwertig mit Magazinen angesehen. „Dabei hat jeder Blog seine Nische und auch seinen eigenen Character – so wie es die klassischen Medien auch haben.“

„HR-Blogs stellen nicht nur ein kostenloses Informationsangebot dar, sondern bilden vielmehr einen integralen Bestandteil im B2B-Marketing und -Markenaufbau eines Teils der HR-Dienstleistungs- und Beratungsindustrie“, erklärt Manfred Böcker. Das sei gar nicht negativ, sondern völlig legitim, er lese HR-Blogs mit großem Gewinn. Leser sollten sich aber bewusstmachen, wann sie es mit einem PR-Kanal von einem Dienstleistungsunternehmen zu tun hätten und wann mit einem unabhängigen Fachmedium. „Das heißt nicht, dass Inhalte auf den HR-Blogs immer interessegeleitet sind, aber die Tendenz zur Tendenz ist da“, so Böcker.