Bereits 1997 hatte das BIBB rund 1.500 Unternehmen nach ihrem Umgang mit dem Thema Bildungscontrolling gefragt. Damals waren je nach Betriebsgröße 70 bis 80 Prozent der Befragten davon ausgegangen, dass die Bedeutung von Bildungscontrolling zunimmt. Die aktuelle Untersuchung, an der sich nahezu die gleichen Betriebe beteiligten, hat diese Entwicklung bestätigt: Etwa die Hälfte der Unternehmen halten die Bedeutung von Bildungscontrolling für gleichbleibend, während 40 Prozent von einer größeren und zehn Prozent von einer geringere Bedeutung ausgehen. Den Unternehmensvertretern ist das Thema geläufiger. „1997 war es noch fraglich, ob die Betriebe mit Bildungscontrolling überhaupt etwas anfangen können. Das ist jetzt nicht mehr der Fall“, kommentiert Dr. Bernd Käpplinger das Resultat.

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Foto von Romain V

Eine überraschende Diskrepanz hat Käpplinger jedoch bei der Anwendung von Bildungscontrolling beobachtet: Zwar sagen sie meisten Betriebe, dass sie zumindest teilweise auf Controllinginstrumente für die betriebliche Weiterbildung zugreifen. Geht es aber etwa um die Art der Kostenerfassung mit Instrumenten wie Evaluation, Transfersicherung oder Bildungsbedarfsanalysen, seien die Ergebnisse seit 1997 weitestgehend gleich geblieben. „Mehr Unternehmen behaupten von sich, dass sie Bildungscontrolling betreiben, als es tatsächlich tun“, resümiert Käpplinger. Das lässt Raum für Spekulationen: Glauben die Unternehmen, es sei sozial erwünscht, Bildungscontrolling durchzuführen? Oder ist das Verständnis einfach ein anderes als das von Experten?

Bestätigt habe sich ein Ergebnis von 1997, dass Unternehmen zwar wissen, was sie für Weiterbildung ausgeben, aber nicht, wie sich das tatsächlich am Arbeitsplatz niederschlägt: Eine Nutzenanalyse oder Transfersicherung führen demnach nur wenige Betriebe durch. Auch arbeitsplatznahe Lernformen sind trotz zunehmender Bedeutung nur unzureichend erfasst. Ein Blick auf die eingesetzten Instrumente, lasse zudem die Vermutung zu, dass Unternehmen nur beschränkte Etats haben oder dass die Angebote auf dem Markt nicht zu den Erwartungen der Unternehmen passen. Denn die meisten Organisationen setzen auf Bildungscontrolling Marke Eigenbau.

Berufsbild Bildungscontroller

Im Vorfeld der Befragung hat das BIBB zahlreiche Experteninterviews mit Akteuren des Bildungscontrollings aus Wissenschaft, Praxis und Forschung durchgeführt. Der Tenor: Die Vorstellung, dass es sich beim Bildungscontrolling um ein sehr umfassendes System handelt, schrecke viele Unternehmen zurück. Dementsprechend gaben in der Befragung „Bildungscontrolling revisited“ weniger als 10 Prozent an, dass sie einen Bildungscontroller brauchen. Um eine größere Professionalisierung des Bildungscontrollings zu erreichen, schlägt Mario Gust, der Mentor des 6. deutschen fachkongresses für bildungscontrolling, trotzdem diesen Weg vor.

„Zurzeit ist es so, dass Betriebswirte die kennzahlenbasierten und betriebswirtschaftlichen Aspekte des Themas abdecken, aber nichts von den sozialwissenschaftlichen oder psychologischen Methoden verstehen, die man für Erhebungen im Bildungscontrolling notwendig braucht“, sagt Gust. Die Psychologen und Pädagogen hätten wiederum keine Ahnung von ökonomischen Belangen. Dieser Widerspruch stelle eine Grundproblematik von Bildungscontrolling dar. Der Kongress wirft deshalb die Frage auf, wie Unternehmen das Spannungsfeld zwischen betriebswirtschaftlichem Kalkül und sozialer Validität der betrieblichen Bildungsarbeit in den Griff bekommen können. Vor diesem Hintergrund wird es insbesondere darum gehen, was ein Bildungscontroller alles können sollte.

Auch in diesem Jahr bleibt der Kongress dabei der Kombination von Theorie und Praxis treu. Anerkannte Experten, die sich mit wissenschaftlichen Begründungen ebenso gut auskennen wie mit deren praktischer Anwendung, vermitteln ein umfassendes Bild der aktuellen Entwicklungen im Bildungscontrolling.

Weitere Informationen und das komplette Kongressprogramm sind unter www.bildungs-controlling.com erhältlich.