Bildungscontrolling – was verbirgt sich dahinter?

Zunächst ein kurzer inhaltlicher Abriss: Der Begriff „Bildungscontrolling“ ist keineswegs einheitlich beschrieben. Es gibt viele Definitionen, die alle um den Gedanken der Planung, Umsetzung und Kontrolle des Bildungsprozesses kreisen. Die Kontrolle ist dabei sowohl anhand ökonomischer Kriterien, wie Kosten-/Nutzenbewertung, Effektivität und Effizienz, als auch auf Basis eher qualitativer Kriterien, wie Zufriedenheit, Lernerfolg usw. vorzunehmen. Die Betonung sowohl ökonomischer als auch pädagogischer Steuerungsgrößen wird oft als „Bimentalität“ des Bildungscontrolling bezeichnet. Nach der Kontrolle bedarf es einer Rückkopplung mit der Planung, um zu prüfen, ob die Qualifizierungsziele erreicht wurden. Ähnliche Aufgaben werden auch der Evaluation, dem Transfermanagement und manchmal sogar dem Qualitätsmanagement zugeschrieben, was eine Abgrenzung und Durchsetzung des Bildungscontrolling-Gedankens erschwert.

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Foto von Arlington Research

Ebenso wenig einheitlich wie der Begriff des Bildungscontrolling ist die Bestimmung des Bildungsprozesses. Auch hier werden unterschiedliche Phasen definiert, die eine Bildungsmaßnahme von der Bedarfsermittlung über die Input- und Prozessgestaltung bis zur Erfolgsmessung beschreiben. Controlling-Aufgaben finden sich in allen Phasen wieder, wie Abb. 1 zeigt.

Abb. 1: Komponenten des Bildungscontrolling

Quelle: SEEBER, S. (2000), S. 37

Eine Vielzahl von Instrumenten und Modellen wurde im Lauf der Jahre entwickelt und um so erstaunlicher ist es, dass sich nur wenige Konzepte wirklich durchsetzen konnten. Am häufigsten wird auf das Modell von Kirkpatrick Bezug genommen, das bereits in den 1960er Jahren entwickelt wurde und Bildungscontrolling als Erfolgsmessung auf vier Ebenen (Zufriedenheit, Lernen, Transfer/Verhaltensänderung, Ergebnisse für die Organisation) beschreibt. Ein Überblick über Vielfalt und Reichweite ausgewählter Bildungscontrolling-Ansätze findet sich in der Abb. 2.

Abb. 2: Reichweite verschiedener Bildungscontrolling-Ansätze

Neben den beispielhaft aufgeführten Konzepten gibt es zahlreiche weitere Modelle (zur Vertiefung sei auf die Literaturangaben verwiesen). Viele davon sind pragmatisch entwickelt und auf die Bedürfnisse konkreter Bildungsmaßnahmen zugeschnitten. Deutlich wird, dass nicht alle Ansätze die vollständige Abdeckung des Bildungsprozesses zum Ziel haben und eher auf einzelne Facetten, wie Erfolgs-/Nutzenmessung oder Inputfaktoren (z. B. Trainer, Teilnehmer), Bezug nehmen. Obgleich in der Fachliteratur betont wird, dass äußere Einflüsse, wie z. B. Kostensenkungsmaßnahmen oder veränderte technologische Anforderungen, die Abdeckung aller Phasen des Bildungsprozesses behindern und zu eher situationsorientiertem Management zwingen, erscheint es sinnvoll, bei Auswahl oder Entwicklung eines für die jeweilige Kommune adäquaten Bildungscontrolling ein derartiges Raster vor Augen zu haben, um zu einem geschlossenen Steuerungskreislauf aus Planung, Umsetzung und Kontrolle zu gelangen, der auch zur Rechtfertigung der Bildungsarbeit gegenüber Auftraggebern dienen kann.

Bildungscontrolling – was wird angewendet?

Die Umsetzung des Bildungscontrolling in der Praxis bleibt vielfach hinter diesen Überlegungen zurück. Dies zeigen ausgewählte Ergebnisse aus drei Studien.

Die aktuellste Umsetzungsstudie ist die des Bundesinstituts für Berufsbildung aus dem Jahr 2008. Hier wird zehn Jahre nach einer ersten Untersuchung zum Thema festgehalten, dass sich die Anwendung von Bildungscontrolling bei den befragten Unternehmen nur marginal erhöht hat; insgesamt setzen Unternehmen mit Weiterbildungsaktivitäten Bildungscontrolling nach wie vor zu ca. 15 % intensiv und zu ca. 60 % partiell um. Die Detailanalyse zeigt, dass insbesondere das Kostencontrolling in den vergangenen zehn Jahren an Bedeutung gewonnen hat (> 50 %). Ebenfalls weit verbreitet sind Bedarfsanalysen, Absprache von Weiterbildungszielen sowie die (vorwiegend mündliche) Bewertung der Maßnahmen durch die Teilnehmenden bei über einem Drittel der Befragten. Erstaunlicherweise ist ein Rückgang bei allen Maßnahmen zur Transfermessung, -sicherung und Nutzeneinschätzung zu verzeichnen (alle um die 10 %).

Zu einem positiveren Ergebnis kommt eine Studie der TU Dresden aus dem Jahr 2005, die bei Weiterbildungsanbietern durchgeführt wurde. Sie zeigt, dass über 60 % der Weiterbildungsanbieter regelmäßige Kostenkontrollen bestätigen. Knapp 60 % der befragten Bildungsanbieter erheben zudem den Bedarf über Gespräche mit Teilnehmenden bzw. ihren Vorgesetzten (ca. 50 %). Die Zielfestlegung erfolgt bei über 75 % primär mit den Auftraggebern, weniger mit den Lernenden selbst. Bei nahezu allen Weiterbildungsanbietern wird die Evaluation der Bildungsmaßnahme anhand abschließender Zufriedenheitserhebungen ermittelt. Transfermessung und -sicherung sind jedoch auch bei Weiterbildungsanbietern schwächer ausgeprägt: Ca. 50 % der Anbieter erfragen nach Abschluss der Maßnahme den Transfererfolg mündlich bei den Teilnehmern, kriterienbezogene Beobachtungen am Arbeitsplatz finden jedoch nur bei ca. 10 bis 15 % der Einrichtungen statt.

Eine dritte Studie wurde im Jahr 2007 von der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung durchgeführt. Schwerpunkt war es hier, die Bildungsarbeit der Bundesbehörden sowie angeschlossener Fortbildungseinrichtungen auf Steuerungsprozesse hin zu analysieren. Dabei zeigen sich ähnliche Tendenzen. Während die Bedarfsermittlung für ca. 90 % aller Behörden eine wichtige, jedoch eher administrative Aufgabe ist, werden nur bei ca. einem Drittel der Behörden Fortbildungsziele und bei gut 40 % Vorgaben für die Planung des Fortbildungsangebots festgelegt. Auch hier dominiert in Bezug auf die Evaluation die Zufriedenheitserhebung (ca. 85 %). Die Ermittlung des Transfer- und Behördenerfolgs treten demgegenüber mit ca. 30 % bzw. knapp 10 % in den Hintergrund.

Bildungscontrollingtrolling – drei Thesen zur Diskussion

Die Frage, ob Kommunen in Sachen Bildungscontrolling von der Privatwirtschaft lernen können, ist damit in Bezug auf die Theorieüberlegungen zu bejahen; die Anwendung von Controllinginstrumenten in den Bereichen Zielplanung und Transfer-/Nutzenmessung könnte jedoch auch in Unternehmen noch intensiver vorangetrieben werden. Die angesprochenen Studien zeigen, dass beide Bereiche ähnliche Schwerpunkte setzen aber auch gleich gelagerte Entwicklungspotenziale aufweisen.

Folgende Thesen zur strukturellen Weiterentwicklung des Bildungscontrolling sollten daher sowohl für den öffentlichen Bereich wie auch für die Privatwirtschaft diskutiert werden.

These 1:

Bildungscontrolling erfordert die Umsetzung des Regelkreis-Denkens. Eine Abstimmung von Zielen, Maßnahmen und Evaluationen und damit die Orientierung am Bildungsprozess ist leitend und auch bei veränderten Rahmenbedingungen einzuhalten. Dazu wird ein abgestimmtes Vorgehen von Auftraggebern, Bildungsanbietern und Teilnehmenden notwendig, das kontinuierlich an neue Situationen anzupassen ist.

These 2:

Die Umsetzung von Bildungscontrolling wird durch eine stringente Transferorientierung von Beginn an gefördert. Transferziele sind bereits vor der Maßnahmen festzulegen, Transfermöglichkeiten sind in die Maßnahme zu integrieren und Transferevaluationen als Messung der Zielerreichung nach Abschluss der Maßnahme durchzuführen.

These 3:

Die Festlegung von Indikatoren in der Zielplanung unterstützt nicht nur die Umsetzung von Transfermessung und Nutzenevaluation nach Abschluss einer Maßnahme, sondern führt ebenfalls dazu, dass das Regelkreis-Denken auch bei veränderten Rahmenbedingungen häufiger durchgesetzt wird. Indikatoren wirken handlungsleitend.

Zum Weiterlesen:

Arbeitsgruppe Bildungscontrolling der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung: Materialband: Bestandsaufnahme der Fortbildungsarbeit in der Bundesverwaltung. Download

Alle weiteren Materialien der Arbeitsgruppe finden sich ebenfalls unter http://www.bakoev.de/)

Gerlich, P. (1999): Controlling von Bildung, Evaluation oder Bildungs-Controlling? Überblick, Anwendung und Implikationen einer Aufwand-Nutzen-Betrachtung von Bildung unter besonderer Berücksichtigung wirtschafts- und sozialpsychologischer Aspekte am Beispiel akademischer Nachwuchskräfte in Banken. München / Mering: Hampp, 1999.

Günther, T. / Zurwehme, A. (2005): Wie steuern Weiterbildungseinrichtungen? Qualitätsmanagement und Bildungscontrolling in der Umsetzung – Erste Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Dresdner Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre Nr. 106/05.

Download

am 25.02.2010.

Käpplinger, B. (2009): Bildungscontrolling: Vor allem in Großbetrieben ein Thema. BIBB-Umfragen von 1997 und 2008 im Vergleich. BIBB Report 13/09.

Download

am 25.02.2010.

von Landsberg, G. / Weiß, R. (Hrsg.) (1995): Bildungs-Controlling, 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1995.

Zurwehme, A. (2007): Erfolgsbezogene Steuerung von Weiterbildungseinrichtungen – Überlegungen zur Entwicklung eines Controllingsystems für Bildungsanbieter. Dresden: TUDpress, 2007.