1. Die wichtigsten Basisinformationen zur Betriebsratswahl

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Foto von Hunters Race

Steht eine Betriebsratswahl vor der Tür, dann sind für den Arbeitgeber zunächst folgende Fragen interessant: Wann finden die Betriebsratswahlen eigentlich statt? Wer darf wählen und wen darf man wählen? Wie lange amtiert der Betriebsrat? Wie funktioniert das Wahlverfahren?

Wann finden im Jahr 2010 die Betriebsratswahlen statt?

Zu unterscheiden ist zwischen einer regelmäßigen und einer außerordentlichen Betriebsratswahl. Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden im Rhythmus von vier Jahren jeweils im Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Mai statt. Der Wahltag, das heißt der Tag der Stimmabgabe, muss in diesem Zeitraum liegen.

Außerhalb dieses Turnus finden außerordentliche Betriebsratswahlen unter anderem dann statt, wenn im Betrieb bisher noch kein Betriebsrat besteht, die Belegschaft in bestimmten Grenzen erheblich steigt oder sinkt, der Betriebsrat zurücktritt oder die Betriebsratswahl erfolgreich angefochten wird.

Wer darf bei einer Betriebsratswahl wählen?

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Sie sind vom ersten Tag ihrer Betriebszugehörigkeit an wahlberechtigt. Immer wieder tauchen in der Praxis bei bestimmten Arbeitnehmergruppen Fragen zur Wahlberechtigung auf:

  • Leiharbeitnehmer sind beim Entleiher wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate dort tätig werden. Leiharbeitnehmer sind zugleich im Verleihbetrieb wahlberechtigt – und zwar vom ersten Tag an.
  • Arbeitnehmer in Altersteilzeit sind wahlberechtigt, sofern sie sich am letzten Tag der Wahl (das heißt am Tag der Stimmabgabe) noch in der Arbeitsphase befinden. Mit dem Beginn der Freistellungsphase verlieren sie ihre Wahlberechtigung.
  • Auszubildende sind nur wahlberechtigt, wenn sie mit dem Betriebsinhaber einen Ausbildungsvertrag geschlossen haben und in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert sind.
  • Praktikanten sind wahlberechtigt, sofern sie als Arbeitnehmer einzustufen sind. Entscheidend ist, ob der Praktikant gegen Entgelt beschäftigt wird und ob er in den Betrieb eingegliedert ist.
  • Arbeitnehmer bleiben auch während der Elternzeit wahlberechtigt.
  • Freie Mitarbeiter sind nicht wahlberechtigt. Entscheidend ist insoweit die Abgrenzung zwischen einem Arbeitnehmer und einem freien Mitarbeiter auf der Grundlage der tatsächlichen Tätigkeit. Der Vertrag spielt keine Rolle.
  • Leitende Angestellte sind nicht wahlberechtigt. Sie können jedoch unter Umständen einen sogenannten Sprecherausschuss wählen.

Wer kann als Betriebsratsmitglied gewählt werden?

Wählbar sind grundsätzlich alle wahlberechtigten Arbeitnehmer, die sechs Monate dem Betrieb angehören oder in Heimarbeit in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben. Auf die Wartezeit von sechs Monaten werden die Zeiten angerechnet, in denen der Arbeitnehmer unmittelbar vorher in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens oder Konzerns angestellt gewesen ist.

Auch hier treten in der Praxis immer wieder Zweifelsfälle auf:

  • Arbeitnehmer in Altersteilzeit verlieren mit dem Übergang in die Freistellungsphase ihre Wählbarkeit.
  • Arbeitnehmer in Elternzeit sind wählbar.
  • Ein Arbeitnehmer, der gegen eine arbeitgeberseitige Kündigung Klage erhoben hat, bleibt ebenfalls wählbar. Wird ein gekündigter Arbeitnehmer gewählt, ist er bis zur rechtskräftigen Entscheidung an der Ausübung des Betriebsratsamtes gehindert und muss durch ein Ersatzmitglied vertreten werden.
  • Leiharbeitnehmer sind im Entleihbetrieb nicht wählbar. Dies gilt sowohl bei der gewerbsmäßigen, als auch bei der nicht-gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.
  • Mitglieder des Wahlvorstandes sind wählbar.

Praxistipp: Die Entscheidung über die Wahlberechtigung und die Wählbarkeit liegt beim Wahlvorstand. Die Entscheidung des Wahlvorstandes ist jedoch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren überprüfbar.

Wie lange amtiert der Betriebsrat?

Die regelmäßige Amtszeit eines Betriebsrates beträgt vier Jahre. Die Amtszeit beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Welche Wahlverfahren gibt es?

Es gibt ein reguläres und ein vereinfachtes Wahlverfahren. Das vereinfachte Wahlverfahren ist in den Betrieben mit in der Regel 5 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern durchzuführen. In Betrieben mit 51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern können der Wahlvorstand und der Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren. In den übrigen Fällen wird das reguläre Wahlverfahren durchgeführt.

Wie läuft das reguläre Wahlverfahren ab?

Spätestens zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Betriebsrates ist durch ihn ein Wahlvorstand zu bestellen. Nach der ersten Sitzung leitet der Wahlvorstand Maßnahmen zur Wahl ein. Insbesondere sind spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe ein Wahlausschreiben und eine Wählerliste zu erstellen und diese samt der Wahlordnung im Betrieb auszuhängen. In der nächsten Phase können im Rahmen einer Zwei-Wochen-Frist Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste erfolgen. Daneben können von Seiten der wahlberechtigten Arbeitnehmer und im Betrieb vertretener Gewerkschaften (nicht aber vom Arbeitgeber) im Rahmen derselben Frist weitere Wahlvorschläge bzw. Vorschlagslisten eingereicht werden.

Der Wahlvorstand hat die Wahlvorschläge zu prüfen. Spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe muss der Wahlvorstand die Wahlvorschläge bekannt machen. Er hat die Wahlunterlagen für die Briefwahl zu versenden. Daneben hat er technische Wahlvorbereitungen zu treffen (zum Beispiel Stimmzettel, Wahlurne und Wahllokal) und Entscheidungen über etwaige Einsprüche gegen Wählerlisten mitzuteilen. Spätestens eine Woche vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats kann dann die Wahl erfolgen.

Wie läuft das vereinfachte Wahlverfahren ab?

Es kommt zunächst darauf an, ob ein Betriebsrat im Amt ist. In diesem Fall wird der Betriebsrat auf nur einer Wahlversammlung gewählt. Anderenfalls erfolgt ein zweistufiges Wahlverfahren mit zwei Wahlversammlungen.

  • zweistufiges vereinfachtes Wahlverfahren Auf der ersten Wahlversammlung wird ein Wahlvorstand gewählt.

Dieser bereitet dann die Wahl vor, die auf der zweiten Wahlversammlung erfolgt.

  • einstufiges vereinfachtes Wahlverfahren

Die Bestellung des Wahlvorstandes erfolgt durch einen bestehenden Betriebsrat, einen Gesamt- oder Konzernbetriebsrat oder durch Beschluss eines Arbeitsgerichts. Es findet nur eine Wahlversammlung statt, auf der der Betriebsrat gewählt wird.

2. Rechtsschutz für den Arbeitgeber bei Betriebsratswahlen

Die Durchführung von Betriebsratswahlen ist eine Angelegenheit der Arbeitnehmerseite. Der Arbeitgeber muss aber nicht tatenlos zusehen, wenn sich Fehler ereignen, sondern kann gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Fehler bei der Durchführung des Wahlverfahrens können die Nichtigkeit der Wahl oder deren Anfechtbarkeit nach sich ziehen.

Nichtigkeit der Wahl

Eine nichtige Betriebsratswahl ist nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, nämlich dann, wenn gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal mehr der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt. Dazu muss ein grober und offensichtlicher Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegen. Eine Häufung wesentlicher Verstöße, die nur zur Anfechtung (siehe unten) berechtigen würden, führt hingegen nicht zur Nichtigkeit.

Folgen der Nichtigkeit

Die Feststellung der Nichtigkeit hat “rückwirkende Kraft”. Bei Nichtigkeit wird fingiert, dass der Betriebsrat nie bestanden hat. Dies hat zur Folge, dass auch sämtliche Vereinbarungen, die im Laufe der Zeit mit diesem „Betriebsrat“ getroffen wurden, nichtig sind.

Zeitpunkt der Geltendmachung

Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit kann zu jeder Zeit, also auch außerhalb der Anfechtungsfristen, geltend gemacht werden. Auf die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl kann sich jedermann, der ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, zu jeder Zeit in jeder Form berufen. Dies kann auch zum Beispiel in einem Kündigungsschutzverfahren geschehen.

Nichtigkeitsgründe

Verstöße, die zur Nichtigkeit führen, können sein:

  • Wahl eines Betriebsrats durch Nicht-Arbeitnehmer oder Wahl von Nicht-Arbeitnehmern zu Betriebsratsmitgliedern
  • spontane Bildung eines Betriebsrats in einer Betriebsversammlung durch Zuruf
  • Wahl eines Betriebsrats in einem Betrieb/Betriebsteil, der bereits einen Betriebsrat gewählt hat
  • willkürliche beziehungsweise offensichtliche Verkennung des Betriebsbegriffs: zum Beispiel willkürliche Auswahl von mehreren Betrieben zu einem Betrieb
  • Wahl eines Betriebsrats außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums, ohne dass außerordentliche Wahlen vorliegen

Anfechtbarkeit der Wahl

Eine Betriebsratswahl kann angefochten werden, wenn

  • gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist,
  • eine Berichtigung im Laufe des Wahlverfahrens nicht rechtzeitig erfolgt ist und
  • durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert wurde oder beeinflusst werden konnte.

Wesentliche Wahlvorschriften sind betroffen, wenn tragende Grundprinzipien der Betriebsratswahl missachtet werden. Zur Anfechtung berechtigen etwa folgende Verstöße:

  • Bestellung eines Wahlvorstandes durch den Betriebsrat nach Ablauf seiner Amtszeit
  • nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Wahlvorstands
  • Nichteinhaltung von Fristen nach der Wahlordnung
  • fehlende Bekanntgabe des Wahlausschreibens
  • Verbindung unterschiedlicher Vorschlagslisten zu einer Liste
  • Verletzung des Wahlgeheimnisses
  • fehlende Bekanntmachung von Ort und Zeit der Stimmauszählung

Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften berechtigt nur dann zur Anfechtung, wenn der Fehler im Laufe des Wahlverfahrens nicht berichtigt wurde. Eine rechtzeitige Berichtigung ist dann anzunehmen, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Wahl noch ordnungsgemäß durchgeführt werden kann.

Zudem muss der nicht berichtigte Verstoß die oder eine Ursache für eine Abweichung oder mögliche Abweichung vom Wahlergebnis sein. Ausreichend ist insofern, dass das Wahlergebnis bei einer Vermeidung des Fehlers möglicherweise anders ausgefallen wäre. “Wahlergebnis” ist die Feststellung, welche Arbeitnehmer in den Betriebsrat gewählt worden sind. Hat der Verstoß zum Beispiel nur Auswirkungen auf die Reihenfolge der Ersatzmitglieder, ist er nicht ursächlich für das Wahlergebnis und berechtigt daher nicht zur Anfechtung.

Anfechtungsberechtigung

Eine Betriebsratswahl kann durch

  • mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder
  • eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder
  • den Arbeitgeber angefochten werden.

Anfechtungsfrist

Die Wahlanfechtung ist binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses gerechnet, zulässig. Diese Frist ist eine Ausschlussfrist, das heißt mit Ablauf dieser Frist erlischt das Anfechtungsrecht und zwar auch dann, wenn das Wahlverfahren an wesentlichen Mängeln gelitten hat. Als Folge bleibt der gewählte Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

Einstweiliger Rechtsschutz

Ein gerichtliches Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (EV) auf Abbruch einer Betriebsratswahl ist regelmäßig das effektivste Mittel des Arbeitgebers, wenn die Voraussetzungen für die EV vorliegen. Im Erfolgsfall wird die Wahl sofort abgebrochen, während zum Beispiel ein Anfechtungsverfahren nur dazu führt, dass nach der Wahl unter Umständen über mehrere Instanzen jahrelang gestritten werden muss, bis eine Klärung erfolgt. Bis dahin steht oftmals schon die nächste Betriebsratswahl an. Für einen Antrag auf Erlass einer EV muss einerseits Eilbedürftigkeit vorliegen. Das wird in der Regel der Fall sein. Daneben muss ein “Verfügungsanspruch” gegeben sein. Dieser liegt aber nicht bei jedem Fehler vor:

EV bei Nichtigkeit

Liegt ein Fehler vor, der zur Nichtigkeit der Wahl führt, so ist ein Verfügungsanspruch gegeben. Eine einstweilige Verfügung wird dann zum Erfolg führen.  EV bei Anfechtbarkeit

Anders ist es, wenn die Wahl nur anfechtbar ist. Einige Landesarbeitsgerichte (im EV-Verfahren die höchste Instanz) lassen das “sichere Vorliegen” von Anfechtungsgründen für einen Verfügungsanspruch ausreichen. Dies wird von der herrschenden Meinung in der juristischen Fachliteratur mittlerweile gestützt. Demgegenüber gibt es andere Landesarbeitsgerichte, die nur bei Vorliegen von Nichtigkeitsgründen eine EV erlassen.

Praxistipp: Liegen Fehler vor, sollte in jedem Fall die Möglichkeit einer EV geprüft werden. Je nach regionaler Lage des Unternehmens muss die Rechtsprechung des zuständigen Landesarbeitsgerichts berücksichtigt werden. Gegebenenfalls ist nach dieser Prüfung ein entsprechender Antrag beim Arbeitsgericht zu stellen.

Sonstige wahlrelevante Verfahren

Unabhängig von den schon genannten Rechtsschutzmöglichkeiten gibt es jederzeit die Möglichkeit für den Arbeitgeber, – ein Statusverfahren zu der Frage einzuleiten, ob ein Beschäftigter Arbeitnehmer ist oder – eine gerichtliche Klärung zur Frage des Vorliegens von betriebsratsfähigen Organisationseinheiten (zum Beispiel gemeinsamer Betrieb, Zuordnung von Betriebsteilen) herbeizuführen.

3. Fazit

Der Überblick zum Wahlverfahren zeigt, dass die Durchführung einer Betriebsratswahl kein “Hexenwerk” ist. Trotzdem tun Arbeitgeber gut daran, zumindest einen Mitarbeiter der Personalabteilung im Wahlverfahren vertiefend schulen zu lassen und ihn als Beobachter einzusetzen. Denn neben den finanziellen Folgen, die ein missglücktes Verfahren nach sich ziehen kann, entsteht meist auch noch eine erhebliche Unruhe bei der Belegschaft, die die Arbeitsatmosphäre über eine längere Zeit hin belasten kann.

Veranstaltungshinweis: Am Donnerstag, den 14. Januar 2010, findet bei der BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft in München ein kostenloses arbeitsrechtliches Frühstücksseminar zum Thema “Betriebsratswahlen 2010” statt. Nach einem Vortrag von Rechtsanwalt Markus Künzel moderiert Rechtsanwalt Dr. Alexius Leuchten eine Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Weitere Informationen erhalten Sie auf www.beitenburkhardt.de unter der Rubrik Publikationen/Events und Events. Anmeldungen können Interessierte direkt an jennifer.fuerst@bblaw.com richten.