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Foto von Ant Rozetsky

BGM- Gestaltungsmerkmale („4 Ebenen der Nachhaltigkeit“)

>> Dauerhafte Umsetzung/Verstetigung:

Die Grundidee der Nachhaltigkeit basiert auf der einfachen Einsicht, dass ein System dann nachhaltig ist, wenn es dauerhaft fortbesteht, also selber überlebt und langfristig Bestand hat (Carnau, 2011). In Bezug auf ein BGM bedeutet dies in einem ersten Schritt, dass Unternehmen die im BGF-Projekt eingeführten Gremien, Verantwortlichkeiten und Aufgaben auf Zeit (zum Beispiel Steuerkreis, Projektleitung oder Gesundheitszirkelmoderator) entsprechend den vorhandenen Ressourcen und Bedarfen dauerhaft etablieren. Auch die BGM-Kernprozesse (Diagnose, Planung, Umsetzung und Evaluation) bestehen nicht nur für die Dauer des Projekts, sondern werden dem Prinzip der „kontinuierlichen Verbesserung“ folgend, in geeigneten, regelmäßigen Abständen wiederkehrend und dauerhaft aktiv.

Zentrale Voraussetzungen für den Erfolg des Gesundheitsmanagements: Die oberste Leitung eines Unternehmens muss dieses sichtbar unterstützen, eine geregelten Finanzierung bereitstellen und die Akteure (zum Beispiel Gesundheitsmanager, Gesundheitszirkelmoderator, Gesundheitsvertrauens-person) bedarfsgerecht qualifizieren.

>> Integration in betriebliche Routinen

Ein BGM zielt auch darauf ab, Gesundheit als Querschnittsthema in die vorhandenen betrieblichen Routinen zu integrieren und nahtlos in Bestehendes einzufügen. Dies bedeutet, dass Betriebe bei der Erstellung eines BGM-Konzepts auch im Vorfeld erheben sollten, in welchen Managementbereichen und/oder Geschäftsprozessen Gesundheit im Unternehmen sinnvollerweise ein Thema sein kann/soll.

Gesundheit sollte als integraler Bestandteil betrieblicher Strukturen und Prozesse, unter anderem auf oberster Ebene in Unternehmens- und Führungskräfteleitbildern, in den Unternehmenszielen und in betrieblichen Kennzahlensystemen eine Rolle spielen. Hinzu kommen Instrumente der Personal- und Organisationsentwicklung (wie Mitarbeitergespräche oder Zielvereinbarungen), Personalauswahlpro-zesse, Aus- und Weiterbildungen, Kommunikationsprozesse, Einkaufs- und Beschaffungsaktivitäten sowie bauliche Gestaltungsvorhaben.

In vielen Industrie- und Produktionsunternehmen bietet es sich zudem an, Gesundheit in ein vorhan-denes Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsystem (z. B. AUVA-SGM) oder in ein integriertes Managementsystem einzubauen. In öffentlichen Einrichtungen oder vielen Dienstleistungsorganisatio-nen sind erfahrungsgemäß eher Qualitätsmanagementsysteme (z. B. ISO 9001) weiter verbreitet, auch hier kann eine Integration in bestehende QM-Strukturen und Prozesse zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit erfolgen.

>> Inhaltliche Perspektivenerweiterung

Ein BGM ist im Vergleich zur BGF ein inhaltlich umfangreicheres Konzept, das einen erweiterten Blickwinkel auf das Thema Gesundheit frei gibt. Aus inhaltlicher Perspektive sollte es nämlich zumin-dest die Erhaltung und Förderung der Gesundheit im Unternehmen durch die Verbindung beste-hender Ziele, Strukturen und Prozesse des gesetzlich geregelten Arbeitnehmerschutzes (Prävention) und der BGF zu einem integrativen Gesamtkonzept beinhalten. Janssen, Kentner & Rockholtz (2004) bringen diese inhaltliche Erweiterung in einen formelhaften Zusammenhang: „Betriebliches Gesund-heitsmanagement = Arbeitnehmerschutz + Betriebliche Gesundheitsförderung + Strategisches Management.“

Darüber hinaus können Unternehmen die Erhaltung und Förderung der Gesundheit bedarfsgerecht um die zusätzliche Perspektive der Wiederherstellung der Gesundheit, etwa durch die Wiederein-gliederung langzeiterkrankter Beschäftigter (Tertiärprävention) erweitern. In einem BGM werden die Perspektiven der BGF um die der Prävention sowie des Fallmanagements beziehungsweise der be-trieblichen Wiedereingliederung ergänzt, sodass ein umfassendes BGM bildlich gesprochen auf drei „Säulen“ beruht.

>> Gesundheit als Führungsaufgabe

Ein qualitativ hochwertiges BGM ist schließlich auch dadurch gekennzeichnet, dass es zur Führungs-aufgabe herangereift ist. Es wird nicht nur von Gesundheitsmanagern umgesetzt und organisiert, sondern in allen Unternehmensbereichen beziehungsweise auf allen Hierarchieebenen gelebt.

Eine besondere Rolle kommt dabei, wie bereits erwähnt, der Leitung eines Unternehmens zu. Ein Managementsystem funktioniert nämlich nur so gut, wie die oberste Leitung das System forciert und in Handlungen und Entscheidungen täglich unterstreicht. Geschäftsführer und Vorstände sind für den Wandel in Richtung einer gesundheitsförderlichen Unternehmenskultur verantwortlich und vermitteln, wie bedeutsam das BGM ist, um die Ziele der Organisation zu erreichen.

Literaturtipps

AUVA (Hrsg.). (2011). Anleitung und Beispielsammlung zum Regelwerk AUVA-SGM. Download unter: http://www.auva.at/cdscontent/load?contentid=10008.542521 (letzter Zugriff am 22.2.2017).

Blattner, A. & Mayer, M. (in Druck). Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung (5. neubearbeitete Aufl.). Hrsg: Österreichisches Netzwerk für BGF. Wien.

Blume (2010). Integration von BGM. In Badura, B., Walter, U. & Hehlmann, T. (2010). Betriebliche Gesundheitspolitik. Der Weg zur gesunden Organisation (S. 273-288). Heidelberg: Springer.

Kaminski, M. (2013). Betriebliches Gesundheitsmanagement für die Praxis: ein Leitfaden zur systematischen Umsetzung der DIN SPEC 91020. Wiesbaden: Springer.

Janssen, P., Kentner, M. & Rockholtz, C. (2004). Balanced Scorecard und betriebliches Gesund-heitsmanagement – Den Unternehmenserfolg steigern durch die effiziente Steuerung der Human-ressourcen. In M.T. Meifert & M. Kesting (Hrsg.), Gesundheitsmanagement im Unternehmen (S. 41-56). Berlin: Springer.

Scharinger, C. (2009). Handbuch betriebliche Gesundheitsförderung (4. Aufl.). Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger.

Schirrmacher, L. (2015). Lernmittel zur Ausbildung zum „Gesundheitsmanager im Betrieb“, symbicon GmbH.

Das 3-Stufenmodell des BGM

Ein nachhaltiges BGM lässt sich meist nicht aus dem Stand heraus aufbauen. Der Weg dorthin führt über mehrere Stufen und Textphasen. Dieser Beitrag beschreibt, wie sich Betriebe ausgehend von einzelnen Aktivitäten der Gesundheitsförderung über drei Entwicklungsstufen („BGM-3-Stufenmodell“) hin zu einem gesunden Unternehmen entwickeln können. Ganz zentral sind dabei die „4 Ebenen der Nachhaltigkeit“, die wir abschließend beschreiben.

Stufe 1: Umsetzung von BGF-Einzelaktivitäten

Bevor Betriebe ein Betriebliches Gesundheitsmanagement auf den Weg bringen, haben sie oft schon Erfahrungen mit einzelnen Aktivitäten zur Gesundheitsförderung gesammelt. Dabei versäumen es die meisten Unternehmen aber, den Bedarf vorab zu evaluieren, die Ziele zu definieren und den Erfolg der Aktivität im Nachgang zu evaluieren.

Auf dieser ersten Entwicklungsstufe sind die Aktivitäten erfahrungsgemäß nur eingeschränkt wirksam und nachhaltig. Sie können aber durchaus einen ersten wichtigen Schritt darstellen, um erste Erfah-rungen mit dem Thema Gesundheit im betrieblichen Kontext zu sammeln und so später wichtige Wei-chen für die Umsetzung eines BGF-Projekts zu stellen.

Stufe 2: Betriebliche Gesundheitsförderung

Eine systematischere Beschäftigung mit Gesundheit erfolgt vielfach erst in der nächsten Entwick-lungsstufe in Form eines BGF-Projekts. Dabei setzen Organisationen die ersten Schritte, um die Ge-sundheit der Beschäftigten nachhaltig zu fördern. Sie bauen etwa eine Projektorganisation auf, qualifi-zieren und befähigen die Verantwortlichen und stellen personelle sowie finanzielle Ressourcen bereit. Im Idealfall erheben sie auch die gesundheitliche Ausgangslage des Betriebs und definieren die Ziele des Projekts gemeinsam mit den Mitarbeitenden. Anschließend starten sie sowohl verhaltens- als auch verhältnisorientierte Veränderungen – und evaluieren die Ergebnisse am Ende der Projektphase.

Ein solches BGF-Projekt birgt wichtige Lernerfahrungen. Denn die Beteiligten erproben einzelne Strukturen (zum Beispiel BGF-Projektleiter, BGF-Projektteam) und Prozesse (zum Beispiel Diagnose) beziehungsweise Instrumente (zum Beispiel Mitarbeiterbefragung, Gesundheitszirkel) erstmalig im Betrieb und testen, ob sie diese auf Dauer einsetzen möchten (Scharinger, 2009).

Stufe 3: Betriebliches Gesundheitsmanagement

Schon während des BGF-Projekts sollten sich die Beteiligten Gedanken darüber machen, wie sie das Thema Gesundheit nachhaltig und dauerhaft im Betrieb verankern möchten. Dabei liegt die Aufgabe zu Beginn vor allem darin, sämtliche Verantwortlichkeiten und Angebote, die sich mit der Erhaltung, Förderung oder Wiederherstellung der Gesundheit im Unternehmen beschäftigten, zu sichten, aufei-nander abzustimmen und in Form eines kennzahlenorientierten, kontinuierlichen Verbesserungspro-zesses zu steuern (Blume, 2010).

Es geht darum, Gesundheit als Leitbild der Unternehmenskultur im unternehmerischen Denken zu verankern, so dass alle Prozesse und Strukturen gesundheitliche Aspekte berücksichtigen. Darüber hinaus beinhaltet ein Betriebliches Gesundheitsmanagement die kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Gesundheitsverhaltens von Mitarbeitern und Führungskräften. Vier Fak-toren sind bei der Gestaltung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements besonders wichtig: