Innerhalb dieser 24 Monate absolvierten die 22 Teilnehmer in einer Altersgruppe bis zu 53 Jahren bei vollem Lohnausgleich eine auf ihre Vorkenntnisse und Erfahrungen vergangener Berufsjahre abgestimmte AusbildungDa büffelten auch schon mal Mutter und Sohn gemeinsam für ihre Abschlussprüfungen. Die Azubis wurden von Ausbildern in der Filiale umfassend im praktischen Bereich unterstützt. Sie besuchten für circa zehn Wochen im Jahr die Berufsschule, wo sie in einer eigenen Klasse unterrichtet wurden. 

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Foto von Headway

Auch bei der Lernmethodik stellte K & U Einiges auf den Kopf: Das Unternehmen gründete eine eigene Ausbildungsakademie in Emmendingen. In dieser Ausbildungsfiliale mit angegliederten Seminarräumen und einer Show-Bäckerei wurden realistische Szenarien zur handwerklichen Qualitätssicherung, Führungsqualitäten Umsatzpotentialen, Marketing und deren betriebswirtschaftlichen Auswirkungen durchgespielt und erarbeitet. Dadurch sollten Initiative, Verantwortung und Kompetenzen bei den Auszubildenden gefördert werden.

Die allgemeinen Lehr - und Lernmethoden  basieren auf dem sogenannten Ausbildungszeitstrahl, welcher den Ablauf, Zeitpunkt, sowie die Struktur der einzelnen Ausbildungsphasen gliedert. Das Miteinander von "Senior-Azubis" und "Junior-Azubis" in Schule und Wohnheim verbesserte sich zusehends. Die Kultur der älteren Hasen färbte ab: Man nahm untereinander Rücksicht, kleine persönliche Schwächen stießen in der Gruppe auf Toleranz, und man wetteiferte miteinander augenzwinkernd.  

Auch für die Bäckerei lohnte sich die Initiative: Die Arbeitgeberattraktivität stieg, denn die Senior-Azubis zeigten sich erfreut, derart gut an- und mitgenommen zu werden. Die Mitarbeiter konnten besser an den Unternehmen gebunden werden und die bisherigen Senior-Azubis agieren nun als Motivatoren für andere Kollegen aus dem Filial-Team.

 

 

Wird nicht ständig geklagt, Ältere würden im Arbeitsmarkt zu kurz kommen? Sagen viele von diesen nicht selbst, sie würden nochmal richtig durchstarten, wenn sie die Chance hätten? Was keiner laut sagen mag: Alt bedeutet in Deutschland unter Umständen auch schon 45 Jahre aufwärts. Und das bei der Lebenserwartung des modernen Menschen. Eine Bäckerei im Schwarzwald – die K & U Bäckerei GmbH – machte in 2011 mit derlei Dingen reinen Tisch. Denn es meldeten sich beim Unternehmen im Laufe der letzten Jahre zu wenig potentielle Fachkräfte. Aus der anfänglichen Selbsthilfemaßnahme – der Bildung einer Seniorenausbildung – wurde ein rollender Stein, der Bewegung in das sonst so eingefahrenen Bildungswesen brachte. 

Aber alles der Reihe nach. Bevor das Unternehmen seine Projekt umsetzte, legte es ihm einen Gedanken zugrunde: Wir wollen Mitarbeiter finden und binden, die zu uns passen und die sich von uns begeistern lassen. Sie sollten nicht nur Lebensmittel verkaufen, sondern auch Wellness- und Ernährungsberatung leisten. Motivierte und qualifizierte Mitarbeiter mit starker Identifikation mit dem Beruf können das – das Alter spielt dabei überhaupt keine Rolle. 

In der Folge holte die Bäckerei Partner ins Boot: Die Berufsschulen in Kehl, die Fördergesellschaft der Handwerkskammer, die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit ihrem Förderprogramm „Wegebau“. In diesem Pilotprojekt einer dual angelegten Nachqualifizierung wurde ein neues Ausbildungskonzept für Erwachsene entwickelt. Und zwar basierend auf einem neuen Bildungskonzept des Bundesinstitutes für Berufsbildung. Die BA schlug Ausbildungskandidaten vor, die den Kriterien der Förderungen entsprachen, darunter Berufsrückkehrer, Migranten und ältere Arbeitnehmer. Sie wurden von der Bildungsberaterin der Handwerkskammer auf ihr bereits vorhandenes Wissen geprüft. Die Ergebnisse dieser Erfassung wurden mit den Inhalten des Rahmenlehrplanes abgeglichen und unter entsprechender Berücksichtigung in einem komprimierten  Ausbildungslehrplan zusammengefasst. Der Rahmenlehrplan des Ausbildungsberufes wurde somit  in Ausbildungsbausteine zerlegt und dem Lehrbedarf entsprechend zusammengefügt. In der Folge verkürzte sich die Ausbildung auf 24 Monate.