Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es die Grossbetriebe, die allen Mitarbeitenden das Angebot der Betrieblichen Sozialberatung zur Verfügung stellten. Sie nahmen damit ihre soziale Verantwortung wahr und förderten die Unternehmensbindung. Heute sind es vorwiegend mittlere Betriebe, die mit dieser Dienstleistung ihre Mitarbeitenden unterstützen. Die Problemstellungen haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert, doch das Prinzip bleibt das gleiche: Im Alltag entstehen Probleme, die mit der Zeit die Arbeitsleistung beeinträchtigen. Die Folgekosten können mit professionell Beratenden vermieden werden: Diplomierte Sozialarbeitende mit Fachhochschulabschluss und Zusatzausbildungen zeigen durch einen situativen, strukturierten Prozess Lösungswege auf mit dem Ziel, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, respektive zu verbessern. Wenn die Angestellten ihre belastenden Probleme und Schwierigkeiten systematisch angehen, werden sie wieder leistungsfähig und motiviert. Die Betriebliche Sozialberatung ermöglicht den Firmen und ihren Mitarbeitenden, angemessene Lösungen zu finden.

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Foto von Jess Bailey


Beispiel 1: Schwierigkeiten auch in der Familie

Ein 45-jähriger Mitarbeitender hat sich bei der Betrieblichen Sozialberatung gemeldet. Er arbeite seit 15 Jahren in der Firma und sei zunehmend ausgelaugt. Nach internen Umstrukturierungen fühle er sich degradiert und in seiner Kompetenz zu wenig gefordert. Seine Motivation und dadurch sein Engagement am Arbeitsplatz sinken. Er wolle sich beruflich neu orientieren, es fehle ihm aber die Kraft, sich ernsthaft um eine Stelle zu bewerben.

Die erste Situationsanalyse bei der Betrieblichen Sozialberatung (in diesem Fall Proitera) ergibt zudem, dass die älteste Tochter nach der obligatorischen Schule keine Anschlusslösung gefunden hat und ohne Ausbildung geblieben ist. Seine Ehefrau ist vor drei Jahren schwer erkrankt und hat ihre Erwerbstätigkeit in der Folge beendet. Nun muss sich die Familie ihrem Budget entsprechend sehr einschränken.

Durch die Erweiterung der Problemanalyse von der beruflichen auf die familiäre und finanzielle Situation wird dem Klienten klar, dass das Erreichen seiner Belastungsgrenze nicht alleine im beruflichen, sondern auch im privaten Umfeld seine Ursachen hat. So hat er nach dem krankheitsbedingten Ausfall der Frau den überwiegenden Teil der Hausarbeit übernommen und viel Zeit für das Finden einer Ausbildungsstätte für die Tochter aufgewendet. Dabei vernachlässigte er verständlicherweise seine persönlichen Interessen. Aktivitäten, die für ihn einen Ausgleich zum beruflichen Alltag darstellten, nahm er nicht mehr wahr.

Durch den Einbezug der Familie in die Beratung konnten die Arbeiten zu Hause neu verteilt werden, die Frau wagte wieder erste Schritte zurück in den Berufsalltag. Die Tochter entschied sich gezielt für ein Zwischenjahr und nahm ein begleitetes Brückangebot an. Der Klient wurde entlastet und wagte es wieder, seine ausgleichenden Aktivitäten aufzunehmen. Durch die Entflechtung zuhause und den wieder gewonnenen Freiraum kehrte die Freude an seinen Hobbys langsam aber spürbar zurück.

Nun konnte er sich konstruktiv mit seiner Situation am Arbeitsplatz auseinander setzen: Ein Gespräch mit seiner Vorgesetzten ergab, dass in den letzten Monaten bereits eine Abnahme der Motivation und der Leistungsfähigkeit wahrgenommen wurde. Deshalb habe er bei der Umstrukturierung nicht berücksichtigt werden können. Gerne hätte man ihn aufgrund seiner Kompetenzen an eine anforderungsreichere Stelle zugewiesen, meinte die Vorgesetzte. Später folgte dann eine interne Versetzung und die externe Stellensuche erübrigte sich.

Veranstaltungstipp

Europäische Fachmesse
Corporate Health Convention

Messe Basel

Vortrag von
Katja Müggler, Proitera GmbH
 

Donnerstag, 18. November 2010,
10.10– 10.40 Uhr, Praxisforum 3,
www.corporate-health-convention.com

Eine Geschichte fast wie im Märchen „1001 Nacht“, mag es scheinen. In der Betrieblichen Sozialberatung gibt es sie aber immer wieder in der Realität. Die Themenpalette ist reich: Sind die Finanzen auf Dauer nicht im Lot, entsteht Druck, der sich auch auf das Umfeld auswirkt. Das Familienleben wird beeinträchtigt – in der Beziehung oder mit den pubertierenden Kindern, persönlich fühlt man sich ausgelaugt, überfordert, hilflos oder schuldig. Das Umfeld ist betroffen, denn die Leute ziehen sich zurück oder verändern ihre Wesenszüge. Steigt der Druck am Arbeitsplatz, wird alles zusammen unerträglich. Es kommt zu einem Leistungsabfall.
Zudem wird zunehmend Energie aufgewendet, um die Probleme vermeintlich zu verstecken und die Verminderung der Arbeitsleistung zu kaschieren. Diese Energie kann nicht mehr in die Arbeit gesteckt werden und wirkt sich weiter negativ auf die Arbeitsleistung aus – eine negative Spirale entsteht. Ohne professionelle Hilfe werden die Mitarbeitenden oft krank. Anfänglich tageweise, später folgen länger dauernde Absenzen. Hinter zehn Prozent der Langzeiterkrankungen liegen grosse soziale Probleme, die unentdeckt bleiben.
„Weshalb hat er mir nichts gesagt, meine Türe ist immer offen?“, hören wir Vorgesetzte oft sagen. Dabei vermischen sie ihre Rolle als Vorgesetzte/-r und Kolleg/-in und überschätzen sich – in bester Absicht.
Meist wollen die Mitarbeitenden ihre Sorgen nicht im Betrieb offen legen, sei es aus Scham oder wegen diffuser Ängste vor Konsequenzen seitens des/r Arbeitgeber/-in.
Proitera als neutrale, externe und vertrauliche Anlaufstelle kann diese Entwicklung unterbinden, die Probleme an der Wurzel erfassen und konstruktive Lösungen vorschlagen.

 

Beispiel 2: Personalverantwortliche wird aktiv – Suchtkrankheit steht hinter finanziellen Problemen

Nicht nur Betroffene selber, auch Vorgesetzte und Personalverantwortliche können sich bei Auffälligkeiten von Mitarbeitenden bei Proitera für ein vertrauliches Gespräch melden. Dazu ein Beispiel: Die Personalverantwortliche überwies einen 35-jährigen Familienvater zu Proitera, weil er wiederholt einen Lohnvorschuss verlangt hatte. Die Begründung fiel unterschiedlich aus. Beim ersten Mal war das Auto reparaturbedürftig. Später konnte, angeblich verursacht durch eine offene Steuerrechnung, die Betreibung abgewendet werden. Dann erkrankte die Mutter im Ursprungsland und benötigte dringend medizinische Versorgung. Als die Personalverantwortliche aus der Linie erfuhr, dass der Mitarbeitende oft Kollegen um Geld bat, wurde ihr klar, dass die gutgemeinten Lohnvorschüsse nur kurzfristige Hilfe darstellten. Sie wusste, dass dies der Moment war, um Fachkräfte beizuziehen. Betriebliche Sozialberatungen wie Proitera bieten eine ergänzende Dienstleistung und stellen keine Konkurrenz zum internen HR-Bereich dar.

Am Erstgespräch bei Proitera wurde eine Bestandesaufnahme gemacht und ein Budget erstellt. Eine Unterdeckung war hier nicht ersichtlich. Trotzdem präsentierte der Klient mehrere offene Rechnungen. Beim Versuch, die Ausgabenseite näher unter die Lupe zu nehmen, räumte der Klient ein, dass er ab und zu im Spielcasino zu Gast sei. Er habe auch schon Geld verloren. „Die Firma darf unter keinen Umständen etwas erfahren. Die sind so nett zu mir und ich will sie nicht enttäuschen“, meinte er besorgt. Auch seine Frau wisse nichts davon. Trotz anfänglicher Bedenken seitens des Klienten wurde die Situation mit der Frau besprochen und das Geheimnis gelüftet. Der Klient liess sich später freiwillig bei den Spielcasinos sperren und willigte sogar in eine Suchttherapie mit einer Fachstelle ein. Für die Schulden wurde mit Hilfe der Sozialberatung mit den Gläubigern eine ratenweise Abzahlung vereinbart. Das Ehepaar bespricht künftig die laufenden Zahlungen. Anfänglich begleitete sie die Beraterin Proitera dabei. Beim Standortgespräch mit der Personalverantwortlichen und der Linie wurde zurückgemeldet, dass sich im Team die Situation beruhigt habe. Beim Klienten sei eine klare Verbesserung der Arbeitsleistung zu verzeichnen.

Wir wissen es: Die Komplexität und Geschwindigkeit der Arbeitsprozesse steigt – und damit die Bedeutung, belastbare, leistungsfähige und gesunde Mitarbeitende im Unternehmen zu haben. Fluktuation und Krankheit kosten viel Geld. Um im Markt bestehen zu können, gilt es auch, die soziale Verantwortung wahrzunehmen und zu leben. Fünf bis zehn Prozent aller Mitarbeitenden in Unternehmen suchen jährlich die Betriebliche Sozialberatung auf. Finden sie keine Anlaufstelle, trägt das Unternehmen die Folgekosten, meist ohne es zu merken.  Nur darüber zu reden, reicht nicht aus. Handeln ist wichtig.