BAG, Urteil vom 9. August 2011, 9 AZR 425/10

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Foto von Pawel Chu

Der Kläger im vorliegenden Fall ist bei dem beklagten Unternehmen seit 1991 beschäftigt. Sein jährlicher Urlaubsanspruch beträgt 30 Arbeitstage. Im Zeitraum vom 11. Januar 2005 bis zum 6. Juni 2008 war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und nahm ab dem 7. Juni 2008 wieder seine Arbeit auf. Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 gewährte der beklagte Arbeitgeber dem Kläger an 30 Arbeitstagen Urlaub. Nach Ablauf des Jahres 2008 verlangte der Kläger von seinem Arbeitgeber 90 weitere Urlaubstage aus der Zeit von 2005 bis 2007. Dies lehnte der Arbeitgeber indes ab, weshalb der Kläger arbeitsgerichtliche Hilfe in Anspruch nahm.

Die Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) – ebenso wie schon in den Vorinstanzen – keinen Erfolg. Zur Begründung hat das BAG ausgeführt, dass der vom Kläger erhobene Urlaubsanspruch spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2008 untergegangen ist. Hierzu hat das BAG auf die gesetzlichen Regelungen in § 7 Absatz 3 des Bundesurlaubsgesetzes verwiesen, nach denen Erholungsurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub allerdings in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

Im vorliegenden Fall hat das BAG festgestellt, dass die vorgenannten gesetzlichen Regelungen auch für solchen Urlaub gelten, der noch aus früheren Jahren herrührt und wegen lang dauernder Erkrankung nicht genommen werden konnte. Wird demnach ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er – wie vorliegend – in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann, erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genau so wie der Anspruch, der zu Beginn des aktuellen Urlaubsjahres neu entstanden ist.

Fazit:

Der Kläger hätte seinen Urlaubsanpruch für das Jahr 2008 (30 Arbeitstage) sowie seinen alten Urlaubsanpruch für die Jahre 2005 bis 2007 (insgesamt 90 Arbeitstage) grundsätzlich im Jahre 2008 geltend machen und nehmen müssen. Nur im Falle, dass ein Übertragungsgrund (dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund) vorgelegen hätte, hätte er diesen Urlaub noch im Folgejahr, allerdings nur bis zum 31. März, nehmen können.