PRAXISTIPP

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Foto von Brusk Dede

Beim allgemeinen Teilzeitanspruch nach dem TzBfG sind verschiedene Aspekte zu beachten: Er erfordert, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und der Arbeitgeber i. d. R. mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Es ist eine Ankündigungsfrist von drei Monaten vor Beginn zu beachten. Auch Angestellte in leitenden Positionen haben einen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Die individuellen Gründe für den Wunsch nach Arbeitszeitreduzierung sind unerheblich. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, schließt sich als Rechtsfolge ein gesetzlicher Anspruch auf Reduzierung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (§ 8 Abs. 1 TzBfG) an. Eine Ablehnung aus betrieblichen Gründen ist möglich. Dabei ist aber unbedingt die Monatsfrist zu beachten (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG). Wenn diese Frist – wie im vorliegenden Fall – verstreicht, wird die Zustimmung kraft Gesetzes fingiert.

Quelle: Arbeit und Arbeitsrecht | Ausgabe 05/2016 | www.arbeit-und-arbeitsrecht.de

ENTSCHEIDUNG

Das BAG hat entschieden, dass die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin 30 Wochenstunden beträgt, die sie an fünf Arbeitstagen in der Zeit von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten hat. Der Arbeitsvertrag wurde mit Wirkung zum 11.6.2012 entsprechend geändert. Die Beklagte hatte den Teilzeitantrag nicht binnen der in § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG genannten Monatsfrist schriftlich abgelehnt, mit der Folge, dass ihre Zustimmung zu dem Teilzeitbegehren fingiert wird.

Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrags gerichtete Willenserklärung, die der Auslegung zugänglich ist. Die Einleitung der verfassten E-Mail spricht dafür, dass die Klägerin eine rechtserhebliche Erklärung abgeben und nicht etwaige Gespräche darüber anstoßen wollte. Für die Arbeitgeberin war hinreichend erkennbar, dass die Klägerin ihre Willensbildung bezüglich einer Teilzeitbeschäftigung abgeschlossen hatte. Die form- und fristgerechte Erklärung war hinreichend bestimmt.

Der Antrag der Klägerin, der keiner besonderen Form bedurfte, ging der Beklagten mehr als drei Monate vor dem gewünschten Teilzeitbeginn zu. Die Beklagte hätte den Teilzeitantrag spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung ablehnen müssen.

Dies tat sie nicht, so dass sich die Arbeitszeit in dem von der Beschäftigten gewünschten Umfang nach der Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringerte und die von ihr begehrte Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt gilt. Die mündliche Ablehnung des Teilzeitwunsches ist wegen Formmangels nichtig. Die Eintragungen, die der Geschäftsführer auf der Arbeitszeitbescheinigung vorgenommen hat, sind nicht darauf gerichtet, den Teilzeitantrag zurückzuweisen. Sie haben keinen Bezug zum Teilzeitwunsch. Die Ablehnung vom 11.6.2012 erfolgte verspätet. Die Beklagte ist auch verpflichtet, die erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Die Klägerin war nicht verpflichtet, am 11.6.2012 von 14:00 bis 17:00 Uhr zu arbeiten. Daher hat sie ihre Arbeitsstelle nicht pflichtwidrig verlassen.

KONSEQUENZEN

Die Entscheidung bringt nichts grundlegend Neues. Dennoch zeigt sie besonders deutlich, dass jedes Teilzeitverlangen ernst zu nehmen ist. Auch ein Teilzeitbegehren, das per E-Mail an die Chefsekretärin gerichtet wird, ist auszulegen. Ist der Bindungswille des Arbeitnehmers hinreichend erkennbar, hat der Arbeitgeber ggf. die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit mit ihm zu erörtern. Ziel dieser Erörterung soll ein Einvernehmen über die festzulegende Verteilung der Arbeitszeit sein.

Soweit betriebliche Gründe entgegenstehen, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Teilzeitwunsch nicht zu entsprechen. Aus dem Gesetz gehen als betriebliche Gründe die Organisation, der Arbeitsablauf und die Sicherheit im Betrieb hervor. Die Rechtsprechung stellt aber hohe Anforderungen an den Vortrag zum Vorliegen von betrieblichen Gründen.

Vor allem ist jedoch auf die Monatsfrist nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG hinzuweisen: Der Arbeitgeber muss ggf. das Begehren spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung schriftlich zurückweisen. Versäumt er diese Frist, greift die gesetzliche Fiktion, sodass sich die Arbeitszeit in dem gewünschten Umfang verringert.

PROBLEMPUNKT

Die Parteien stritten um den Umfang der Arbeitszeit und die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Die Klägerin war seit 2005 als Assistenzkraft bei der Beklagten angestellt.

Nach der Geburt ihrer Tochter befand sie sich in Elternzeit. Im September 2011 adressierte die Klägerin eine E-Mail an die Chefsekretärin der Beklagten. Der Text der Nachricht lautete: „… nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 × 6 Stunden, also von 8:00 bis 14:00 Uhr arbeiten möchte … .“

Anfang Februar 2012 übersandte die Klägerin der Beklagten ein für den Antrag auf einen Platz in einer Kindertagesstätte bestimmtes Formular mit der Bitte um Unterschrift. In den Feldern „Die tägliche Arbeitszeit beträgt“ war für Montag bis Freitag jeweils die Arbeitszeit „8 Uhr–14 Uhr“ eingetragen. In einem Gespräch mit der Klägerin lehnte der Geschäftsführer der Beklagten den Teilzeitwunsch ab. Mitte März 2012 unterzeichnete er das Formular, nachdem er jeweils die Uhrzeit 14:00 Uhr durchgestrichen und handschriftlich durch 17:00 Uhr (montags bis donnerstags) bzw. 15:00 Uhr (freitags) ersetzt hatte, und übersandte dieses an die Klägerin.

Am 11.6.2012 kehrte die Klägerin aus der Elternzeit zurück. Die Beklagte forderte sie schriftlich auf, ab dem folgenden Montag in Vollzeit tätig zu werden. Nachdem die Beschäftigte erfolglos versucht hatte sicherzustellen, dass ihre Tochter von Dritten aus der Kindertagesstätte abgeholt werde, teilte sie mit, sie könne die angeordnete Arbeit nicht leisten, und verließ um 14:00 Uhr ihren Arbeitsplatz. Daraufhin erhielt sie eine Abmahnung.