Die Festo AG & Co. KG mit Sitz in Esslingen fertigt und vertreibt weltweit Automatisierungstechnik für mehr als 300.000 Kunden in 176 Ländern. Mit insgesamt 12.800 Mitarbeitern erwirtschaftet das Unternehmen einen Umsatz von über 1,65 Milliarden Euro. Großen Wert legt Festo auf die Belange der Mitarbeiter, insbesondere auf deren Weiterentwicklung. Grundstein dafür sind die 370 Nachwuchskräfte, die rund 20 unterschiedliche Berufe erlernen oder den praktischen Teil ihres Studiums bei Festo absolvieren. Der Stellenwert der Nachwuchskräfte nimmt auch nach der Ausbildung nicht ab: Das Unternehmen strebt derzeit vor dem Hintergrund der jährlichen Bedarfsplanung eine unbefristete Übernahme aller Nachwuchskräfte an.

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Foto von Zaiqiao Ye

Ausbildungsmarketing als strategisches Instrument

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt herrscht Mangel: Nicht nur an Young Professionals fehlt es, sondern auch an Talenten für Ausbildungsberufe. Weniger Jugendliche als noch vor Jahren stehen einem steigenden Angebot an Ausbildungsplätzen gegenüber: Im vergangenen Jahr meldete die Bundesagentur für Arbeit, dass erstmals seit 2001 wieder mehr als 600.000 Ausbildungsverträge in Deutschland abgeschlossen wurden.

Ausbildungsmarketing gewinnt vor diesem Hintergrund im Ausbildungskonzept der Festo AG mehr und mehr an Bedeutung. Dahinter verbirgt sich mehr als nur das gängige Recruitingprogramm aus Zeitungsanzeigen und kurzfristigen Ad-hoc-Aktionen. Ausbildungsmarketing versteht der Global Player Festo als eine der strategisch relevanten Aufgaben, die für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit entscheidend sind. Was Festo zum gegenwärtigen Zeitpunkt initiiert, soll langfristig zum Erfolg auf dem enger werdenden Ausbildungsmarkt beitragen.

Deshalb basiert das Konzept für Ausbildungsmarketing auf mehreren Säulen. Die sicherlich bedeutsamste davon ist die Kommunikation der Ausbildung in Richtung Bewerber. Diese richtet sich nach „außen“ und nach „innen“, denn auch die eigenen Mitarbeiter spielen eine große Rolle, wenn es darum geht, den Nachwuchs für sich zu gewinnen.

Externe Kommunikation

Vor dem Start exemplarischer Aktivitäten, die nach außen wirken sollen, hat sich Festo der Frage gewidmet, wer genau zur Zielgruppe des Unternehmens gehört. Um dies zu erfahren wurde im klassischen Einzugsgebiet eine Primärerhebung durchgeführt, durch die deutlich wurde, welche Rolle die Eltern, aber auch Lehrer und Peergroups haben. Festo avisiert nunmehr neben Jugendlichen als primäre Zielgruppe auch weitere Zielgruppen wie die Eltern und die Lehrer. Außerdem hat der Automatisierungstechnikhersteller untersucht, auf welche Quellen die meisten Anfragen der Bewerber zurückgehen. Das Resultat: Immer mehr Kandidaten stützen sich bei ihrer Suche auf das Internet. Für das Unternehmen Festo bedeutet das, dass die eigene Website als wichtigster Kanal zu den potenziellen Bewerbern verschiedene Zielgruppen ansprechen muss.

Die Ausbildungshomepage

Speziell für die Zielgruppen der Eltern und Lehrer hat Festo auf der Ausbildungshomepage (siehe unter www.festo.com/ausbildung) jeweils eine eigene Rubrik eingerichtet. Beide Gruppen haben andere Informationsbedürfnisse als der potenzielle Bewerber, der ebenfalls seinen eigenen Themenkomplex auf der Website findet. Dieser Themenkomplex liefert den angehenden Azubis nicht ausschließlich die Beschreibungen der möglichen Berufe, denn das sind Informationen, die interessierte Bewerber auch in anderen Unterlagen nachlesen können. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf dem so genannten „Festo Plus“: Der potenzielle Bewerber soll sich nicht nur für Berufe wie beispielsweise den „Mechatroniker“ interessieren, sondern den Wunsch entwickeln, „Mechatroniker bei Festo“ zu werden. Hierfür ist „mehr als Gehalt“ nötig. Die Festo-Auszubildenden berichten von ihren Erfahrungen, die sie zum Beispiel bei Auslandseinsätzen sammeln konnten. Ein virtueller Rundgang mit 360-Grad-Bildern vom Ausbildungszentrum bietet Interessenten einen visuellen Einblick in das moderne Ausbildungsgebäude von Festo.

Erster deutschsprachiger Ausbildungsblog

Mit der dynamischen Entwicklung des Internets hat sich auch der Medienkonsum von Jugendlichen stark gewandelt. Für die junge Generation ist es selbstverständlich sich über Social Netzworks, Instant-Messaging oder Blogs auszutauschen. Um die Bewerber dort abzuholen, hat Festo schon frühzeitig diese Trends ins Ausbildungsmarketing integriert. Unter der Internetadresse www.ausbildungsblog.de betreibt das Unternehmen seit über zwei Jahren ein virtuelles Tagebuch. Festo hat damit seit über zwei Jahren den ersten Ausbildungsblog im deutschsprachigen Raum. Darin beschreiben Auszubildende und Ausbilder ihre Eindrücke und Tätigkeiten. Bewerber erkennen so einen „wirklichen“ Berufsalltag von Auszubildenden und Ausbildern und haben die Möglichkeit, eigene Beiträge auf diesen Seiten zu veröffentlichen. Interessenten und potenzielle Bewerber können selbst auch Blogbeiträge kommentieren. Nachweislich findet dieser Blog zunehmend Interessenten – die Anzahl der Clicks auf die Seite steigt ständig.

Abbildung 1: Der Ausbildungsblog

Die Nacht der Bewerber

Eine weitere Domain von Festo ist die Nacht der Bewerber (www.nacht-der-bewerber.de) – ein Event, den der Automatisierungstechnikhersteller im Jahr 2004 ins Leben rief. Da viele Unternehmen einen Tag der offenen Tür durchführen, ist dieses Marketinginstrument nur bedingt geeignet, um sich von anderen Firmen abzuheben. Deshalb übertrug Festo die Idee der langen Nacht, auf die Präsentation der Ausbildung – mit großem Erfolg.

Das Konzept ging auf: Von Anfang an stieß die Veranstaltung auf eine große Beteiligung und Akzeptanz. Während zu den früheren Informationsveranstaltungen durchschnittlich rund 400 Besucher gekommen waren, strömten zur Nacht der Bewerber immer mehr als 1.000 Besucher. Der Erfolg dieser Veranstaltung ist auch auf das Engagement der Ausbilder und der Auszubildenden zurückzuführen, die diese „Nacht“ mit ausgezeichnetem Engagement unterstützt haben. Das bestätigt das Feedback der Teilnehmer, die die Möglichkeit hatten, auf einer „Feedbackwand“ ihre Eindrücke zu schildern.

Internes Ausbildungsmarketing

Die Ausbildung von Festo hat sich auch intern entsprechend positioniert und zum Aushängeschild entwickelt. Nach der Überzeugung der Festo AG beginnt überzeugendes Personalmarketing mit der Begeisterung der Mitarbeiter für das Unternehmen. Deshalb richten sich Informationen zur Ausbildung im eigenen Haus an alle internen Zielgruppen – vom Management über die Ausbildungsbeauftragten und ehemaligen Auszubildenden bis hin zu den Auszubildenden selbst und den „noch-nicht-aber-bald-Auszubildenden“. Auch in der internen Kommunikation hat Festo deshalb zielgruppenspezifische Informationsmedien und -kanäle entwickelt.

Der Ausbildungskalender und Forum für Ausbildungsbeauftragte

Ein Instrument im Rahmen des internen Marketings ist der Ausbildungskalender, den ein Auszubildender oder Berufsakademiestudent umsetzt. Dieser erstellt den gesamten Kalender: Er sammelt Ideen für den Inhalt, schlägt das Layout vor, übernimmt die gesamte Koordination der Werbung und letztlich auch die komplette Verteilung. Die Kalender richten sich gleichermaßen an alle internen Zielgruppen. Jeder Kalender hat dabei einen anderen Themenschwerpunkt. Von den Anforderungen der einzelnen Berufe bis hin zu kurzen Erlebnisberichten aus den Auslandseinsätzen der Auszubildenden oder dem chronologischen Ablauf einer Ausbildung bei Festo – durch eine Projektgruppe werden immer wieder neue Themen gefunden.

Die Festo AG legt Wert darauf, dass die Ausbilder ihr Wissen zum Thema Ausbildung aktuell halten können. Deshalb lädt das Unternehmen einmal jährlich zum „Forum für Ausbildungsbeauftragte“. Die Ausbilder erhalten hierbei allgemeine Informationen über die Ausbildung und jeweils ein aktuelles Qualifizierungsthema. Die Teilnahmequote bei diesen Foren steigt ständig – ein Indiz dafür, dass sich die Ausbildungsbeauftragten diesen Termin nicht entgehen lassen wollen, obwohl die Teilnahme freiwillig ist.

Ausblick

Aufgrund der durchweg positiven Erfahrungen mit den bisherigen Aktivitäten möchte die Festo AG auch zukünftig neue Ideen entwickeln, um die Ausbildung bei Festo noch attraktiver zu machen. Wenn diese Innovationen Nachahmer finden – wie viele der bisherigen Aktionen, spricht das für die Ideen der Mitarbeiter.