ArbG Herford Urt. v. 01.04.2009 – 2 Ca 1502/08

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Foto von bruce mars

Die Arbeitnehmerin des vorliegenden Falles, deren Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, forderte von ihrem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis. Das ihr überreichte Zeugnis enthielt unter anderem folgenden Passus:

„Gerne stehen wir jedem zukünftigen Arbeitgeber von Frau S. hinsichtlich Nachfragen über die Qualität der von ihr für uns geleisteten Arbeit zur Verfügung.“

Die Mitarbeiterin war hiermit nicht einverstanden und klagte. Sie beanspruchte die Entfernung der vorstehenden Aussage aus dem Arbeitszeugnis. Das Arbeitsgericht gab der Arbeitnehmerin Recht. Die Begründung: § 109 Abs. 2 GewO bestimmt, dass Zeugnisse klar und verständlich formuliert sein müssen und keine Merkmale oder Formulierungen enthalten dürfen, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Entscheidend ist hierbei, wie ein objektiver Dritter den Inhalt des Zeugnisses beurteilen würde. Anders als dies der Arbeitgeber im Prozess bekundete, sah der Vorsitzende Richter den vorstehenden Passus als verschlüsselte Aufforderung an, sich über die vom Zeugnisinhalt möglicherweise abweichende wirkliche Qualität der Arbeit der Mitarbeiterin zu informieren. Das Arbeitsgericht erklärte weiter, dass das in dem Zeugnis enthaltene Angebot als ungewöhnlich und überraschend zu bewerten ist, weil der Leser geradezu eingeladen wird, sich etwaige anderslautende Informationen durch eine weitere Kontaktaufnahme einzuholen. Das Unternehmen musste das erteilte Zeugnis berichtigen und den Satz entfernen.

Fazit:

Um etwaige Gerichtsprozesse zu vermeiden, sollten Arbeitgeber bei der Zeugniserteilung besser auf Standardformulierungen zurückgreifen, die branchenüblich und in der Zeugnissprache anerkannt sind. Mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen (neben § 109 GewO auch § 630 BGB und § 16 BBiG) sind die Grundsätze der Zeugnisklarheit, aber auch der Zeugniswahrheit zu berücksichtigen. Insoweit müssen Arbeitgeber auch beachten, dass sie dazu verpflichtet sind, Arbeitszeugnisse mit einer bewertungsneutralen Formulierung abzuschließen, beispielsweise indem sie dem Mitarbeiter für den künftigen Berufsweg weiterhin alles Gute wünschen. Einen Anspruch auf eine bestimmte „Dankes- und Wunschformulierung“ besteht aber nicht.

Weitere Informationen: www.naegele.eu