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Foto von Tim Gouw
Haftung des Arbeitgebers für Gesundheitsschäden wegen Arbeiten an asbesthaltigen Bauteilen nur bei Vorsatz

Hat ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer angewiesen, ohne Schutzmaßnahmen mit asbesthaltigem Material zu arbeiten, kann der Arbeitnehmer ihn zwar grundsätzlich für mögliche spätere Gesundheitsschäden haftbar machen. Dies gilt aber nur dann, wenn er die Gesundheitsschädigung des Mitarbeiters bewusst in Kauf genommen hat.

BAG 28.04.2011 – 8 AZR 769/09

Widerruf einer in AGBs geregelten Zulage

Der Widerruf einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen versprochenen Leistung des Arbeitgebers darf nicht grundlos erfolgen. Seit dem 1. Januar 2002 müssen Unternehmen die Widerrufsgründe in der Vertragsklausel angeben. Fehlt diese Angabe, ist die Klausel nach §§ 308 Nr. 4, 307 BGB unwirksam. Hierdurch entstandene Vertragslücken in vor dem 1. Januar .2002 vereinbarten Klauseln können Arbeitgeber durch ergänzende Vertragsauslegung schließen. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der gesetzlichen Übergangsfrist bis zum 31.Dezember 2002 eine Anpassung der Klausel an den strengen Rechtszustand angetragen hat.

BAG 20.04.2011 – 5 AZR 191/10

Nach Altersstufen gestaffelte Sozialplanabfindungen verstoßen nicht gegen EU-Recht

Bei der Bemessung der Höhe von Sozialplanabfindungen dürfen Arbeitgeber Altersstufen bilden, weil ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt regelmäßig schlechtere Chancen haben als jüngere. Dies ergibt sich aus § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG. Diese Vorschrift ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union vereinbar und erlaubt es auch, die höchste Abfindung bereits ab Vollendung des 40. Lebensjahres zu gewähren.

BAG 12.04.2011 – 1 AZR 764/09

§ 613a BGB gilt auch bei Übergang eines Betriebsteils

Die gesetzlichen Regelungen des § 613a BGB kommen auch dann zum Tragen, wenn ein Erwerber nicht den gesamten Betrieb, sondern nur einen Betriebsteil durch Rechtsgeschäft übernimmt. Dies setzt voraus, dass die erworbenen Elemente schon bei dem Betriebsveräußerer eine Einheit dargestellt haben und der Erwerber diese identitätswahrend fortführt. Damit ein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergeht, muss der Arbeitnehmer der Einheit zugeordnet sein.

BAG 07.04.2011 – 8 AZR 730/09

BAG lockert „Zuvor-Beschäftigungsverbot“ bei sachgrundlosen Befristungen

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach eine sachgrundlose Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand, ist einschränkend auszulegen: Eine „Zuvor-Beschäftigung“ im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ihrem Zweck und unter Berücksichtigung der Berufswahlfreiheit der Arbeitnehmer nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt.

BAG 06.04.2011 – 7 AZR 716/09

Kredit- und Tankkarten des Arbeitgebers dürfen Arbeitnehmer nicht zu privaten Zwecken nutzen

Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Kredit- und Tankkarten, darf dieser damit grundsätzlich nur Ausgaben für dienstliche Zwecke tätigen. Dies gilt selbst dann, wenn hierüber nicht ausdrücklich gesprochen wurde. Eine Berechtigung zur Nutzung der Karten auch für private Zwecke muss der Arbeitnehmer im Streitfall darlegen und beweisen.

LAG Schleswig-Holstein 15.03.2011 – 2 Sa 526/10

Arbeitsunfähigkeit bei Mobbing möglich

Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 (3) MB/KT 94 liegt auch dann vor, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann.

BGH 09.03.2011 – IV ZR 137/10

Ankündigungsfrist bei Kurzarbeit

Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Vereinbarung über die einseitige Einführung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber verstößt gegen § 307 BGB, wenn er Kurzarbeit auch ohne Einhaltung einer Ankündigungsfrist anordnen kann.

LAG Berlin 19.01.2011 – 17 Sa 2153/10

Anforderungen an den Sachgrund der Vertretung im Sinne des § 14 Abs. 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG

Der Arbeitgeber darf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht mit dem Sachgrund der Vertretung begründen, wenn dem zur Vertretung eingestellten Arbeitnehmer eine Tätigkeit übertragen ist, die der Arbeitgeber der vertretenen Stammkraft im Falle ihrer Anwesenheit aus rechtlichen Gründen nicht übertragen könnte. Die rechtliche Möglichkeit, die Tätigkeit auf den Vertretenen zu übertragen, ist ausgeschlossen, wenn ihm gegenüber die Zuweisung der dem Vertreter übertragenen Aufgaben nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist und einer Vertragsänderung bedürfte.

BAG 12.01.2011 – 7 AZR 194/09

Darlegungslast des Arbeitgebers bei Abbau einer Hierarchieebene

Sind Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss des Arbeitgebers praktisch deckungsgleich, greift die ansonsten berechtigte Vermutung, die Entscheidung für eine Kündigung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen. Vielmehr muss der Arbeitgeber in diesem Fall konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Möglichkeiten eines Einsatzes des Arbeitnehmers auswirkt. Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, die mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben verbunden ist, muss der Arbeitgeber genau erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die Tätigkeiten für den Arbeitnehmer zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose darstellen und angeben, wie das verbleibende Personal die anfallenden Arbeiten ohne Mehrarbeit erledigen kann.

BAG 16.12.2010 – 2 AZR 770/09

Verdachtskündigung – keine Aussetzung bei Strafverfahren

Die strafrechtliche Bewertung einer Pflichtverletzung ist für die kündigungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Entscheidend sind allein der Verstoß gegen vertragliche Haupt- und Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Es besteht grundsätzlich keine Rechtfertigung für die Aussetzung eines Kündigungsschutzprozesses bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Strafverfahrens, in dem der Kündigungsvorwurf unter dem Gesichtspunkt des Strafrechts geprüft wird – zumal die Aussetzung zu einer bedenklichen, für die Parteien mit erheblichen wirtschaftlichen Risiken verbundenen Verzögerung des Kündigungsschutzprozesses führen kann.

BAG 25.11.2010 – 2 AZR 801/09