„Bitte unterbrich mich nicht ständig!“ Ergebnisse der Studie

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Foto von Perry Grone

Die am häufigsten genannten Stressoren bestanden in ständigen Unterbrechungen, hohem Arbeitstempo, Termindruck und der Tatsache, dass häufig ein Gefühl des Ausgebranntseins entsteht, wenn man viel investiert – und wenig bis gar nichts zurückkommt. Wichtig ist dabei zu beachten: Je länger Stressoren auf einen Menschen einwirken, umso schädlicher und stressauslösender wirken sie.

In diesem Zusammenhang ist im Artikel “Wertschätzung am Arbeitsplatz” von Prof. Dr. Semmer und Dr. Jacobshagen, beide vom Institut für Psychologie an der Universität Bern, die Tatsache, dass es eine Unterscheidung geben kann zwischen unterschiedlichen “Arten” von Fairness: distributiver Fairness, prozeduraler Fairness und interaktioneller Fairness. Der distributive Aspekt beschreibt “bekomme ich, was mir zusteht?” “Mit einem als fair empfundenen Lohn wird unsere Leistung gewürdigt. Nicht zufällig ist der Aspekt der Fairness für die Lohnzufriedenheit wichtiger als die absolute Lohnhöhe.” Die prozeduale Fairness beschreibt, ob Entscheidungen “nachvollziehbar und unvoreingenommen” vorgenommen worden sind (‘die kommt halt aus dem gleichen Kanton wie der Chef…’). Die interaktionelle Fairness schliesslich bezieht sich darauf, ob das Miteinander als respekt- und rücksichtsvoll erlebt wird, ob Mitmenschen in all ihren Facetten wahrgenommen und gewürdigt werden.

Soziale Stressfaktoren am Arbeitsplatz 

Als überdurchschnittlich negativ und belastend, gelten soziale Stressfaktoren wie Mobbing, Erniedrigung, Schikanieren. Mindestens einem der sieben Faktoren waren 22% der Befragten ausgesetzt, 5% zwei und 5% drei oder mehreren Faktoren, die sich in ihrer Wirkung potenzieren, wenn sie zusammenwirken.

Abbildung 5 Häufigkeit sozialer Belastungsfaktoren (Stressoren), Erwerbstätige in Prozent (N = 1001-1005)

Der Stressbegriff in der Studie

Vom z’Nüni, z’Mittag und Vesper zum z’Vieri und z’Nacht – um nur einen wunderschönen Aspekt zu nennen: Schweizer Lebensart und Lebensgefühl, konsequent genossen, kann viel zur Entschleunigung und zu einem freundlichen, egalitären Miteinander bei der Arbeit beitragen – und tut es auch. Und doch hat sich von 2000-2010 einiges geändert, das sich in den Studiendaten widerspiegelt. Fest steht, dass sich der Ausruf „ich bi im Stress/I hats pressant“ fast schon „etabliert“ hat als Synonym für: „Ich bin wichtig, ich habe Wichtigeres zu tun“, „ich habe jetzt keine Zeit“, „ich kann jetzt nicht antworten“ – und häufig als „Zeichen eines hochmotivierten und leistungsstarken Einsatzes“ gesehen wird – Wer wünscht sich das nicht von seinen „Talenten und Wunschmitarbeitern“? 

Entsprechend scheut sich jeder davor, zuzugeben, dass er Stress als negativ empfindet und damit Probleme haben könnte. Zu gross ist die Befürchtung, dass damit persönliche Unzulänglichkeit, mangelnde Qualifikation, Motivation oder fehlende Führungskompetenz verbunden werden könnten. Doch jenseits dieses Tabus erhob die Studie die Daten diskret per Telefon-Umfrage – und definierte Stress im Sinne der Psychologie: als eine Reaktion, die eintritt, „wenn eine Person an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gerät.“

Stressoren und Ressourcen

Es gibt Arbeitsplatzgestaltungen, die je nach Arbeitsaufgabe, Arbeitsbedingungen und sozialen Interaktionen als eher belastend und potenziell stressauslösend gelten (Stressoren) und andere, die eher zur Entlastung beitragen (Ressourcen). Wichtig bei der Eingrenzung und Bewertung sind immer folgende Faktoren:

  • Wie lange ist eine Person Stressoren ausgesetzt?
  • Inwieweit kann die Person ihre Arbeitssituation aktiv beeinflussen und verändern?
  • Wird sie dabei unterstützt?
  • Ist sie in der Lage, sich selbst Unterstützung zu holen?
  • Wirken mehrere Stressoren zusammen?
  • Gibt es Stressoren, die aus dem Privatleben oder den Personenmerkmalen selbst einwirken?
  • Welche Ressourcen bringt die Person mit?
  • Und last but not least: An welchen Arbeitsplatzbedingungen kann man etwas verändern, dass diese Stressoren nachlassen oder eliminiert werden können?

Die höchsten Stressfaktoren am Arbeitsplatz
Abbildung 4 Chronisch auftretende Belastungsfaktoren (Stressoren), Erwerbstätige in Prozent (N = 709-1‘005)

Die Führung entscheidet

Wer profitiert am meisten von gutem Führungsverhalten? Welche Personengruppen scheinen von den Befragte davon noch nicht soviel profitieren können?

Tabelle 6 Zusammenhänge mit Personengruppen der Schutzfaktoren (gutes) Führungsverhalten

Eine Studie von Schweizern für Schweizer?

Im Jahre 2010 wurde vom Eidgenössischen Department für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO eine Studie in Auftrag gegeben: „Stress-Studie 2010 (Kurzfassung): Stress bei Schweizer Erwerbstätigen – Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen, Personenmerkmalen, Befinden und Gesundheit“ und von S. Grebner, I. Berlowitz, V. Alvaranda und M. Cassina der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Angewandte Psychologie durchgeführt und Juni 2011 in einer Lang- und Kurzfassung veröffentlicht. Die Studie lieferte Vergleichsdaten zu einer vor 10 Jahren erhobenen Studie zu „den Kosten von Stress in der Schweiz“. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die aktuelle Situation bezüglich Stress am Arbeitsplatz inklusive der Entwicklungen – sowie mögliche Entlastungsfaktoren aufzuzeigen. Tatsache ist: Nicht jeder fühlt sich gleichermassen von den gleichen Stressoren belastet. Jeder Fall verdient eine eigene Betrachtung. Und doch liessen sich Trends und Korrelationen feststellen.

Wie geht die Entwicklung weiter? Der Job-Stress-Index 2016 zeigt den Weg.

Trotz relativ hoher Mitarbeiterzufriedenheit in der Schweiz, sind Behörden und Institutionen sehr hellhörig geworden, angesichts der Kosten, die hohe Stressbelastung am Arbeitsplatz mit sich bringt. So erhebt die Gesundheitsförderung Schweiz seit 2014 den sogenannten “Job-Stress-Index”. Der aktuelle Index 2016 stellt fest: “Jeder vierte Erwerbstätige in der Schweiz ist gestresst (25,4) und erschöpft” – eine Entwicklung, die sicher auch durch die wirtschaftlichen Umstellungen im Zuge der Digitalisierung, Geschäftsübergänge und Konkurrenzentwicklung vorangetrieben wird- und die demzufolge auch die Wirtschaft belastet.

So die Stress-Studie 2016: “Stress kostet die Arbeitgeber rund CHF 5,7 Mrd. pro Jahr. Der Fokus in diesem  Jahr  zeigt:  “Junge  Mitarbeitende  sind häufiger  gestresst  und  erschöpft.  Jüngere  Erwerbstätige haben mehr gesundheitsbedingte Leistungseinbussen. Führungskräfte sind weniger gestresst als Erwerbstätige ohne Führungsverantwortung.”  Schon 2010 wurde dieser Trend in der von uns hier etwas ausführlicher dargestellten älteren Studie festgestellt – die Ergebnisse 2016 ähneln den sechs Jahre zuvor festgestellten Zahlen und Tendenzen, was den Schluss nahelegt, dass mögliche Lösungen und Ansätze, diesen Trend zu stoppen oder zu verringern, noch nicht gefunden wurden – oder noch nicht greifen.

Arbeitszufriedenheit leidet durch Stress am Arbeitsplatz und vertreibt Talente

Die Menschen in der Schweiz arbeiten hart – und lange. Ab welchem Punkt kippt diese Akzeptanz – und macht Frust, Müdigkeit, Lustlosigkeit und – ultimativ Arbeitsplatzwechsel Platz? Die Stress-Studie zeigt deutliche Zusammenhänge zwischen Stressempfinden und Arbeitsbedingungen und zwischen Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit. Je höher die Arbeitszufriedenheit ist, desto geringer ist das Stressempfinden und umso besser die Stressbewältigung. Hohes Stressempfinden korreliert mit hoher Arbeitsunzufriedenheit und – als mögliche Reaktion: einem Arbeitsplatz-Wechsel. Daher konzentrieren wir uns auf jene Untersuchungsergebnisse, die für unser Thema: „gute Mitarbeiter halten“ relevant sind. Denn die Studie befasste sich u.a. auch mit den Themen Burn-out und Gefahren des Substanzmissbrauchs etc., die wir in unserem nächsten Newsletter zum Thema „Betriebliche Gesundheitsvorsorge“ zum Tragen kommen. Heute sind die Talente dran:

Fazit aus den Studien und mögliche Massnahmen:

Gute Vergütung und Lebensart, soziale Sicherheit und gute Infrastrukturen tragen wesentlich zu einer Lebens- und Arbeitszufriedenheit in der Schweiz bei. Die Landes- und Sprachstruktur tut ein Übriges, um für eine gute Ausgangsposition hinsichtlich Vielfalt und selbstverständliche „Diversity“ in Unternehmen zu sorgen. Tatsächlich antworteten 90% der erhobenen Schweizer abhängig und selbständig Erwerbstätigen auf die Frage: “Alles in allem gesehen: Wie zufrieden sind Sie mit den Arbeitsbedingungen in Ihrem Hauptberuf?” mit zufrieden bis sehr zufrieden. Wie kommt es dann zu den hohen Stresszahlen? Wie zu den festgestellten „emotionalen Dissonanzen“? Ein Grund: Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen ist hochkomplex (und hängt mit noch weiteren Aspekten zusammen, siehe vollständiger wissenschaftlicher Bericht, Kapitel 2.3.2). Sicher ist auch, dass es sich hier weniger um die „Hard Facts“ wie eine gute betriebliche Infrastruktur handelt – sondern um die „Soft Facts“ wie Mitarbeiterwertschätzung und Führungsverhalten.

Will man mögliche „Baustellen“ identifizieren, muss man daher sehr viel tiefer und differenzierter hinschauen. Aus der Auswertung der Grafiken und Tabellen erkennt man folgende Hinweise:

Bei welchen Faktoren kann man für mehr Mitarbeiter- und Arbeitsplatzzufriedenheit in der Schweiz sorgen?

  • Nachwuchstalenten nicht nur auf dem Papier eine Chance geben: Wenn Sie Ihre Nachwuchstalente halten wollen – sollten Sie sich stärker um die Förderung der 15-24-jährigen kümmern. Den Studiendaten zufolge ist die Talentförderung dieser Berufsgruppe noch sehr ausbaufähig, obwohl es in der Schweiz erwiesenermassen eine ganze Reihe von Förderungsmöglichkeiten gibt und viele Firmen ausgezeichnete Programme zu Integration von Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen unterhalten.

    Doch wir sprechen hier von den Nachwuchstalenten, die schon in Unternehmen „gelandet“ sind – sich jedoch noch nicht wirklich „angenommen“ oder angekommen fühlen. Immerhin fühlen sie sich besonders aufgrund ihres Alters diskriminiert, und haben offensichtlich weniger Mitgestaltungsmöglichkeiten, als u.U. zu ihrer Förderung und Arbeitszufriedenheit bisher ermöglicht wurde. Hier kann man mit einer besseren Wahrnehmung des einzelnen jungen Mitarbeiters, einem gezielten Miteinbeziehen bei Projekten oder Lösungsfindungen, einer besseren und gezielteren innerbetrieblichen Förderung und echten Karriereangeboten nachgebessert werden.

    Ein weiterer wichtiger Punkt wäre auch, hier den jüngeren Erwerbstätigen stärker als bisher Möglichkeiten an die Hand zu geben, mit Stress besser umzugehen. Tatsächlich scheint sie die Tatsache, dass sie digital Natives sind, nicht davor zu schützen, im Berufsalltag Überforderung zu erleben und Stressmomente als belastender als Ältere zu finden.

  • Mehr Wertschätzung durch Führungskräfte: Es gilt darüber hinaus nachzuhaken, warum sich die Beschäftigten in der Westschweiz so überdurchschnittlich gestresst fühlen: Hier sind neben anderen individuell sicher noch zu erarbeitenden Faktoren offensichtlich die Führungskräfte gefragt, die Ihren Mitarbeitern gegenüber mehr Wertschätzung an den Tag legen sollten. Insgesamt scheint es bei Führungskräften noch „Entwicklungsspielraum nach oben“ zu geben, was die wirklich gleichberechtigte Wertschätzung anbelangt. Zwar ist man in der Schweiz sehr auf flache Hierarchien bedacht – doch scheinen zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch immer einige Barrieren zu stehen. Dies klar und ehrlich anzusprechen, muss nicht schlecht sein – schafft Erleichterung – und macht den Weg frei, dieses Ziel dann noch besser zu erreichen als bisher.
  • Change-Management sensibler gestalten: Ein hohes Stresspotenzial bergen in der Schweiz die immer notwendiger gewordenen Betriebsanpassungen: Die Studienwerte zeigen, dass jegliches Change-Management, egal ob es hierbei um Outplacement geht, um Umstellungen für eine Erhöhung der betrieblichen Digitalisierungsmassnahmen oder ein Projekt wie das gezielte Talentmanagement – mit mehr Weitsicht, Planung, Kommunikation und Fingerspitzengefühl durchgeführt werden sollte, weil es als bedrohlich und stresserhöhend empfunden wird.
  • Mitarbeitern mehr Vertrauen und Mitgestaltungsrechte zugestehen: Ferner sollte insgesamt noch stärker das Augenmerk darauf gerichtet werden, dass trotz aller egalitärer und sozialer Bestrebungen in der Schweiz offensichtlich immer noch einiger Nachholbedarf darin besteht, Mitarbeitern ausreichend Vertrauen entgegenzubringen und ihnen mehr Handlungs- und Entscheidungsfreiheit sowie mehr Handlungsautonomie zu gewähren – sodass sie auch über die sie betreffenden Arbeitsplatzbelange mitentscheiden können – und Stressfaktoren selbständig gering halten können, indem sie die Ausführung ihrer Aufgaben mitgestalten.

Gutes Führungsverhalten bestimmt über Gesundheit und Motivation

Gutes Führungsverhalten direkter Vorgesetzter korrelierte eindeutig mit der Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen – und dem Stresserleben, der emotionalen Erschöpfung, Gesundheitsproblemen (Rückenschmerzen etc.) und Motivation. Welche Personengruppen profitierten davon am meisten? Gutes Führungsverhalten, das Wertschätzung, Loben, klare Anweisungen, Rückmeldungen und Unterstützung umfasst – rangiert damit als „Schutzfaktor“ und „Ressource“ vor Stress eindeutig auf den vordersten Plätzen.

Abbildung 9 (Gutes) Führungsverhalten, abhängig Erwerbstätige in Prozent (N = 693 – 722)

Wer fühlt sich gestresst? Regionale Unterschiede und Altersunterschiede

Die Frage, ob sie sich häufig oder sehr häufig gestresst fühlten, beantworteten 2000 27% der Schweizer Erwerbsbevölkerung mit ja. 2010 waren es schon 34%. Überdurchschnittlich oft und sehr häufig traf es dabei die Westschweizer mit 50% gegenüber jeweils 29% der anderen beiden untersuchten Sprachregionen. Auch gaben Westschweizer häufiger (2%) als der Durchschnitt (1%) aller Befragten an, überhaupt nicht imstande zu sein, ihren Stress noch zu bewältigen. Der Anteil der Personen, die sich „völlig imstande“ fühlen, ihren Stress zu bewältigen sank 2010 gegenüber 2000 insgesamt.

Ältere am gelassensten

15-24-jährige gaben überdurchschnittlich oft an, sich häufig gestresst zu fühlen, 25-34-jährige gaben überdurchschnittlich oft an, sich sehr häufig gestresst zu fühlen. Erst die 55-64-jährigen Erwerbstätigen gaben überdurchschnittlich oft an, sich nie gestresst zu fühlen.

Stressempfinden nicht gleichbedeutend mit Stressfaktor

Welcher Belastungs- und Stressfaktor tatsächlich zu einem erhöhten Stresserleben führt,  korreliert nicht immer mit der Häufigkeit, mit der ein chronischer Stressor identifiziert wird: So wurden häufige Unterbrechungen als höchster Stressfaktor angegeben. Er gewinnt mit seinem Belastungspotenzial jedoch „erst“ an Bedeutung im Zusammenhang mit der Untersuchung, wann das Gefühl, „emotional verbraucht“ zu sein, auftritt. 

Interessanterweise sind eher die „hinteren Plätze“ der sieben Belastungsfaktoren für erhöhtes Stressempfinden verantwortlich, darunter:

  • unklare Anweisungen
  • emotionale Dissonanz (eine Gefühls-“Reaktion“ zeigen zu müssen, die im Gegensatz zu den eigenen Gefühlen steht – sowie eine Arbeitsaufgabe zu erfüllen, die nicht den eigenen Wertevorstellungen entspricht)
  • und die Tatsache, Arbeit mit nach Hause zu nehmen, um sie zu bewältigen.
  • Gleich dahinter folgen Arbeitsplatzunsicherheit und
  • die Tatsache, für seinen Einsatz keine angemessene Entschädigung zu erhalten.

Das Gefühl, mitentscheiden zu können, ist entscheidend

Je eigenständiger, also „selbstwirksamer“ ein Mitarbeiter arbeiten kann – und daher seine Arbeitssituation bezüglich Arbeitstempo, Reihenfolge der Tätigkeiten, Zeitpunkt der Ausführung etc. sowie Arbeitsplatzgestaltung selber bestimmen und kontrollieren kann – umso weniger stressanfällig ist er, umso besser kann er mit Stress umgehen. 

Abbildung 8 Handlungs- und Zeitspielraum, Erwerbstätige in Prozent (N = 714 – 1‘000)

Handlungsautonomie und –spielraum isnd als Ressourcen ausgesprochen wichtig.
Dennoch ist dieser Handlungs- und Zeitspielraum für bestimmte Gruppen eingeschränkt.

Arbeitsplatzzufriedenheit und Stressempfinden korrelieren mit sozialem Status, Geschlecht und Alter. Tabelle 5 Zusammenhänge mit Personengruppen der Schutzfaktoren Handlungs- und Zeitspielraum

Personengruppen: Wer ist am häufigsten betroffen von sozialen Stressfaktoren?
Tabelle 1 Merkmale der sozialen Diskriminierung in der Schweiz

  • Bisher vernachlässigte Potenzialträger besser fördern: Mitentscheidungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten sollten auch auf Personengruppen ausgeweitet werden, die bisher dafür weniger im Fokus standen: jüngere Mitarbeiter, Frauen, Personen mit niedrigerem sozioökonomischen Hintergrund. Das Erfolgsmerkmal „Diversity“ bekommt hier eine neue Dimension: höhere soziale Durchlässigkeit und gezieltere Förderung jener Talente, die aus den vorgenannten Gruppen stammen. Ganz sicher besteht auch trotz aller Programme noch Handlungsbedarf bei der Förderung von Frauen in Unternehmen – und der Sicherstellung, dass sie sich weniger diskriminiert fühlen und mehr Möglichkeiten erhalten, über ihre Arbeitsbedingungen mitzuentscheiden. Darüber hinaus ist es müssig, noch einmal zu betonen, dass Firmen, die es schaffen, ohne Zwang einen höheren Frauenanteil in Führungsetagen und Kaderfunktionen zu erreichen, in der Regel und wissenschaftlich erwiesen wirtschaftlich erfolgreicher sind.
    Momentan „sitzen weit weniger Frauen in den Chefetagen von Schweizer Unternehmen als bei der ausländischen Konkurrenz.“ Das zeigte ein „internationaler Vergleich von 22’000 Unternehmen“, bei dem die Schweiz bloss Rang 56 belegte, so die Neue Züricher Zeitung noch in ihrem Online-Artikel vom 6.3.2016, 23:55 (1). Neueste Berichte, so jedoch der Tagesanzeiger vom 07.03.2017, 11:30 Uhr berichten jedoch von einer „hohen Zuwachsrate“ beim Frauen- und Ausländeranteil (2). So konstatiert der aktuelle Schillingreport aus Daten von 92 der 250 bedeutendsten Schweizer Unternehmen einen Frauenanteil von 10% in der Geschäftsleitung, 14% im Topkader, 21% auf mittleren Führungspositionen – allerdings auf den traditionellen Posten für Dienstleistungs- und Servicepositionen wie dem Personalwesen – mit nur eher „indirektem Einfluss auf das operative Geschäft“ – am Grundzustand hat sich jedoch noch nicht viel geändert – es ist noch viel Platz nach oben. Vor allem, weil die Umfrage von xxx zeigt, dass Frauen – und die nächste Gruppe – die älteren Arbeitnehmer, tendeziell ohnehin etwas motivierter sind als die anderen potenziellen Talentgruppen.

    Ebenfalls etwas vernachlässigt wird, obwohl in dieser Gruppe die Arbeitsplatzzufriedenheit relativ hoch ist, die Gruppe der älteren Arbeitnehmer, die in der Talentfrage noch lange nicht “zum alten Eisen gehören”. In dem Zusammenhang ist die (schon etwas ältere) Studie der Hochschule Luzern interessant, die beweist, dass “Älterwerden” in der Rgel nicht zu einem Leistungsabfall führt – und führen muss.

  • Kommunikation ermöglichen und Spannung zwischen Werte-Anspruch und Wirklichkeit verringern: Interessant sind auch die Ergebnisse bezüglich emotionaler Dissonanzen: Das Harmoniebedürfnis ist in Schweizer Unternehmen sehr hoch. Ebenso der Anspruch auf egalitäre Behandlung und Toleranz. Diese und andere Werte scheinen jedoch mit der gefühlten Realität in den Betrieben nicht immer übereinzustimmen.
    Hier könnte A) eine Zunahme an offenen und vertrauensvollen Mitarbeitergesprächen und anonymen Umfragen helfen, Diskrepanzen aufzuspüren und u.U. zu beheben. Sicher kann man nicht immer alle überzeugen. Doch wäre es wichtig, durch mehr echte und wahrhaftige Kommunikation, Mitarbeiter stärker „mit ins Boot“ zu holen, zu informieren, miteinzubeziehen und sie nicht mit Veränderungen und Entscheidungen zu „überfahren“. Gleichzeitig bietet es sich an, nach Gründen zu suchen, weswegen manche Werte (noch) nicht/nicht mehr mitgetragen werden können.
    B) Es wurde ebenfalls eine Dissonanz zwischen Arbeitsaufgabe und Werten festgestellt. Auch hier muss man nachhaken, vor allem, wenn es um effektives Talentmanagement und gezielte/passendere Platzierung von guten Mitarbeitern geht: Was genau stört die Mitarbeiter bei der Ausführung ihrer Aufgaben? Passen die Aufgaben zu denjenigen Angaben, die in der Stellenanzeige standen? Gibt es einen unfreiwilligen Karrierestopp und gerade junge Talente kommen nicht weiter? Kommen innovative Vorschläge nicht oben an? An welchem Punkt gehen Anspruch und Wirklichkeit auseinander? Hier liegt viel Potenzial verborgen.

Quellen u.a.:

https://gesundheitsfoerderung.ch/assets/public/documents/1_de/d-ueber-uns/5-downloads/Faktenblatt_017_GFCH_2016-08_-_Job-Stress-Index_2016.pdf

https://www.valuequest.ch/de/Blog/id/3351/Mitarbeitermotivation-in-der-Schweiz

1) https://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/wenig-frauen-in-chefetagen-der-schweizer-unternehmen-1.18707549

2) http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standard/Rekord-bei-Frauenquote-in-Schweizer-Chefetagen/story/19951134

http://www.derbund.ch/bern/Zukunft-fuer-Jugendliche-ohne-Lehrstelle/story/19219284

http://www.hrm.ch/system/files/247/original/Stressstudie_2010_-_Stress_bei_Schweizer_Erwerbst%C3%A4tigen_-_Zusammenh%C3%A4nge_zw_Arbeitsbeding_.pdf

http://www.hrm.ch/system/files/248/original/Kurzfassung_der_Stressstudie_2010_-_Stress_bei_Schweizer_Erwerbst%C3%A4tigen_-_Zusammenh%C3%A4nge_zwisc.pdf

http://www.hrm.ch/system/files/237/original/Makrostudie_30.04.09_Hochschule_Luzern_Arbeitsqualit%C3%A4t_un_Perspektiven_sp%C3%A4tere_Berufsphase.pdf