Flexibler und wettbewerbsfähiger sollte sie werden: Die Österreich Werbung hat seit Ende der 1990er Jahre tief greifende Veränderungsprozesse durchlaufen. Eine neue Geschäftsführung und der Bund als Eigentümer machten Veränderungen notwendig. Das Unternehmen sollte ertragsorientierter arbeiten, strategische Allianzen schließen und eine neue, schlagkräftigere Verkaufsorganisation aufbauen.

two women talking while looking at laptop computer
Foto von KOBU Agency

In Klausuren und Projekten entwickelten Führungskräfte und Mitarbeiter strategische Überlegungen für Marketing, Verkauf, Controlling und Kommunikation. Das Unternehmen baute ein Management-Netzwerk über alle Hierarchieebenen auf und verstärkte die HR-Abteilung personell. Die Personalentwicklung wurde zum strategischen Partner für den Veränderungsprozess. Im Laufe dieses Change- Projektes erhielten etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Aufgaben.

Um die Mitarbeiter direkt in das Veränderungsvorhaben einzubinden, organisierte das Unternehmen ein halbes Jahr nach Beginn des Reorganisationsprozesses, im Sommer 2001, eine Großgruppenveranstaltung. 220 Mitarbeiter aus der ganzen Welt (rund 90 Prozent aller Beschäftigten) kamen im Salzburger St. Wolfgang zusammen. Auch Kunden- und Eigentümervertreter nahmen an der zweieinhalbtägigen Veranstaltung teil.

Die Veranstaltung sollte über bereits vollzogene und noch geplante Veränderungen informieren und Verständnis für die neuen Visionen und Strategien wecken. Die Unternehmensleitung wollte das Bewusstsein für die Sichtweise von Partnern und Kunden stärken, die Ideen der Mitarbeiter sammeln und eine neue Kommunikationskultur anstoßen. Denn im Zuge der sich rasch und radikal ändernden Marktverhältnisse stand die Österreich Werbung nicht nur vor der Herausforderung, Strategie und formale Strukturen zu verändern. Sie musste auch die Formen und Wege der Kommunikation und der Zusammenarbeit ändern.

Die Kommunikationskultur in einer Großgruppenveranstaltung unterscheidet sich meist sehr deutlich von jener, die im Unternehmensalltag gelebt wird. In der gewohnten, hierarchischen Struktur gibt es geregelte Informations- und Entscheidungsstrukturen, vielleicht auch Pfl ichten, Zwänge und Tabus, jedenfalls gibt es all jenes, was die Organisationskultur

in den Jahren ihres Bestehens hervorgebracht und gefestigt hat. Während einer Großgruppenveranstaltung werden durch eine spezielle Sitzordnung und die unterschiedlichen Aufgabenstellungen viele dieser gewohnten Strukturen aufgebrochen und somit Raum für Kreativität, Diskussion und gemeinsames Lernen geschaffen. (siehe Grafik)

Ungewohnte Kommunikationsstrukturen schaffen neue Perspektiven

 

Die Veranstaltung orientierte sich an den klassischen Formaten RTSC und Zukunftskonferenz (siehe: „Die Großgruppenformate“). Dabei sitzen die Teilnehmer in gemischten Gruppen zusammen, um neue Kollegen aus anderen Abteilungen, Regionen und Funktionen kennen zu lernen. Sie erlebten hier gleichsam eine neue Art der Unternehmenskultur, die es möglich machte, bisher unbekannte Sichtweisen zu entwickeln und einen Blick auf die Gesamtzusammenhänge im Unternehmen zu werfen.

Die Geschäftsführung stellte die neuen Herausforderungen am Markt dar und die Teilnehmer diskutierten über die daraus resultierenden Anforderungen. „Welche Erwartungshaltung haben die Kunden an unser Unternehmen?“ „Wie können wir diesen gerecht werden?“ Mit Fragen wie diesen regten Moderatoren die Diskussion an. Die Teilnehmer diskutierten zunächst im kleinen Kreis, anschließend im Plenum. Sie informierten sich über laufende Projekte und überlegten, was die anstehenden Veränderungen für ihre konkrete Einheit bedeuteten.

Kurz nach der Veranstaltung war die Euphorie groß – ein üblicher Effekt von Großgruppenveranstaltungen. Nach persönlichen Eindrücken befragt, antworten die Beteiligten meist mit großer Begeisterung, etwas Positives, Ungewöhnliches und Neues erlebt zu haben. Die kurzfristigen Ergebnisse von Großgruppenveranstaltungen verblüffen meist in positiver Hinsicht: Es sind gegenseitiges Verständnis, neue Lösungen, kreative Ideen und mehr Eigenverantwortung entstanden. Und nicht zu vergessen: Die Teilnehmer wünschen sich „mehr“ von dieser neuen Arbeits- und Kommunikationskultur.

Doch wie sehen die Langzeiteffekte aus? Im April 2004 untersuchte die Autorin dieses Beitrags, ob und wie sich die Großgruppenveranstaltung der Österreich Werbung im Unternehmen ausgewirkt hat. Im Rahmen ihrer Studie befragte sie ehemalige Teilnehmer, darunter Mitarbeiter und Führungskräfte aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen, im Rahmen einer Gruppendiskussion nach ihren Erfahrungen und Eindrücken.

Quelle: personal manager 3/2005