Alexandra Knell

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Foto von Annie Spratt

Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin

  Elisabeth David

Beraterin für Arbeitsrecht-, Sozial- versicherungs- und Lohnsteuer-fragen, Steuer & Service Steuerbe-ratungs GmbH

  Ernst Patka

Steuerberater und Wirtschafts-mediator, Steuer & Service Steuerberatungs GmbH

Neue EU-Länder: Übergangsregeln gelten bis Ende 2011

Die österreichische Regierung hat der Europäischen Kommission mitgeteilt, dass sie die Übergangsregelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit für bulgarische und rumänische Arbeitskräfte um weitere drei Jahre bis zum 31.Dezember 2011 verlängert. Die betroffenen Dienstnehmer haben daher bis dahin keinen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt, sondern benötigen Beschäftigungsbewilligungen. Eine weitere Verlängerung um zwei Jahre, also bis längstens 31.Februar 2013, ist möglich.

Die Bundesregierung hat der EU-Kommission weiters die Absicht bekannt gegeben, die Übergangsbestimmungen gegenüber den anderen neuen Mitgliedstaaten (Tschechische Republik, Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Polen und Ungarn) bis 2011 zwar grundsätzlich aufrechtzuerhalten, aber weitere Öffnungen des österreichischen Arbeitsmarktes für qualifizierte Arbeitskräfte in die Wege zu leiten.

Rechtsprechung

Beschäftiger haften für illegalen Einsatz ausländischer Leiharbeiter

Wenn Unternehmen ausländische Leiharbeiter illegal einsetzen, haftet laut Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht nur der Überlasser, sondern auch der Betrieb, der die Arbeitskräfte engagiert hat. Nach dem Gesetz können sowohl der Beschäftiger als der Überlasser Täter einer Verwaltungsübertretung sein und entsprechend bestraft werden.
(VwGH 8.8.2008, 2008/09/0029)


Sozialplan im Alleingang unterzeichnet: Geschäftsführer darf trotzdem bleiben

Ein nur kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer unterzeichnete alleine, das heißt ohne zweiten Geschäftsführer oder Prokuristen, einen Sozialplan, den der Betriebsrat vorgelegt hatte. Denn er wollte  dem Unternehmen helfen, die Mitarbeiter fair zu behandeln. Der Sozialplan wurde nicht wirksam, weil neben dem Geschäftsführer kein weiterer kollektivvertretungsbefugter Prokurist des Unternehmens mitunterschrieb. Dieses Verhalten des Geschäftsführers rechtfertigt – so der Oberster Gerichtshof – allein noch nicht seine Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit. Eine weitere Beschäftigung sei unter anderem deshalb zumutbar, da das Handeln des Geschäftsführer folgenlos blieb.
(OGH 20. 8. 2008, 9 ObA 101/08f) 

Entlassung nach Verstoß gegen Dienstanweisungen

Eine Kassiererin in einem Supermarkt verstieß gegen drei ausdrückliche Dienstanweisungen, deren Zweck es unter anderem ist, einen Diebstahlsverdacht erst gar nicht aufkommen zu lassen: Sie verließ während der Dienstzeit das Verkaufslokal, nahm während dieser Zeit zum Eigenverbrauch bestimmte Waren an sich und zahlte diese nicht sofort bei einer anderen Kassenkraft. Da die Dienstnehmerin diese Weisungen missachtete, kam der Oberste Gerichtshof zu dem Schluss, dass diese kumulierten Verstöße der Arbeitnehmerin nicht nur als Ordnungswidrigkeiten zu qualifizieen sind, sondern dass das Verhalten den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt.
(OGH 8.10.2008, 9 ObA 134/08h)

Unwirksame oder anfechtbare Kündigung?

Bei Kündigungen muss zwischen der Unwirksamkeit und der Anfechtbarkeit einer Kündigung unterschieden werden. Unwirksam sind sie, wenn ein Arbeitgeber das gesetzlich vorgeschriebene betriebliche Vorverfahren nicht einhält, das eine Verständigung mit dem Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung vorsieht. Anfechtbar sind (zunächst schwebend rechtswirksame) Kündigungen, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt. Die Unwirksamkeit einer Kündigung können betroffene Arbeitnehmer mit einer Klage auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses geltend machen. Die Anfechtung erfolgt mit Rechtsgestaltungsklage und führt im Falle ihres Erfolgs zur (rechtsgestaltenden) Aufhebung der Kündigung.

Im vorliegenden Fall, der den Obersten Gerichtshof beschäftigte, hatte der Arbeitgeber vor der Kündigung eines Arbeitnehmers am 17.Dezember2004 das betriebliche Vorverfahren nicht eingehalten, sodass die Kündigung unwirksam war und das Arbeitsverhältnis nicht endete.

Dies teilte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter auch in einem Schreiben vom 20.Dezember 2004 mit und kündigte gleichzeitig an, das Vorverfahren neu einzuleiten. Es ist daher davon auszugehen, dass gar nicht strittig war, dass die Kündigung vom 17. Dezember 2004 unwirksam war und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Ist aber der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht strittig, fehlt es am erforderlichen Interesse an einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung.

Die Meinung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber hätte die Rücknahme der Kündigung anbieten müssen, worauf er über die Annahme dieses Anbots entscheiden hätte können, entbehrt daher – weil gar keine wirksame Kündigung vorlag – jeglicher Grundlage.
(OGH 20.8.2008, 9ObA 29/08t)

Sozialwidrigkeit trotz hoher Pensionsleistung

Bei einem Arbeitnehmer führte die Kündigung zu einer Bruttoeinkommensminderung von rund 54 Prozent. Ihm verblieb zwar ein relativ hohes Einkommen durch eine Administrativpension in Höhe von 3.466,30 Euro brutto monatlich. Dennoch stelle die Einkommensminderung eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung dar, so der Oberste Gerichtshof.

Da der 1953 geborene Arbeitnehmer überdies mit einer Arbeitslosigkeit von zwölf Monaten oder länger zu rechnen habe, sei die Kündigung sozialwidrig.
(OGH 14.10.2008, 8ObA 62/08p)

Kündigung nach Krankenständen

Ein Arbeitnehmer erhielt nach einem mehr als zwei Jahre dauernden Krankenstand und vergeblichen Versuchen des Arbeitgebers, dem Mitarbeiter leichtere Tätigkeiten im Unternehmen anzuvertrauen, schließlich die Kündigung. Diese ist – so entschied der Oberste Gerichtshof – selbst dann nicht sozialwidrig, wenn sie wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt. Denn derartig lange Krankenstände würden üblicherweise auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr in Kauf genommen.
(OGH 2.9.2008, 8ObA 48/08d)

Entlohnung nicht angeordneter Überstunden

Für die rechtliche Qualifiation von Arbeitsleistungen als Überstunden und vor allem für den Anspruch des Arbeitnehmers auf eine zusätzliche Vergütung muss die Überstundenleistung zumindest im Einverständnis mit dem Arbeitgeber erfolgt sein. Dies kann durch ausdrückliche Anordnung oder Genehmigung erfolgen, aber auch – konkludent – dadurch, dass der Arbeitgeber zusätzliche Arbeitsleistungen duldet und entgegennimmt. Insofern ist auch eine vorherige Anzeige des Arbeitnehmers, dass Überstunden notwendig wären, nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer aus dem bisherigen Verhalten des Arbeitgebers auf dessen Einverständnis schließen durfte. Zusätzliches Bewusstsein des Arbeitgebers, Überstunden auch bezahlen zu müssen, ist nicht erforderlich.

Ein Arbeitgeber kann daher die Bezahlung von Überstunden, die er geduldet und entgegengenommen hat, weder unter Berufung darauf verweigern, dass er sie nicht angeordnet hat, noch damit, dass keine Notwendigkeit und Verpflichtung zu ihrer Leistung bestanden habe.
(OLG Wien 27.10.2008, 8Ra 14/08z)

Lohnsteuerschaden durch Nachzahlung nach gewonnenem Anfechtungsprozess

Ein Arbeitnehmer verklagte seinen Arbeitgeber nach einer Entlassung auf Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall vor Auszahlung des laufenden Entgelts über den Entlassungszeitpunkt hinaus berechtigt, die Entscheidung des Erstgerichts abzuwarten. Dass die summierte Auszahlung des rückständigen laufenden Arbeitsentgelts im Falle einer klagsstattgebenden Entscheidung zu einer höheren Lohnsteuerbelastung für den Arbeitnehmer führt
(im Verhältnis zu einer monatlichen Auszahlung der Bezüge), führt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Wien aber zu keinem Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers.
(OLG Wien 22.8.2008, 9Ra 32/08d)

Anspruch auf Aktienoption nach unberechtigter Entlassung

Aktienoptionen gelten laut Arbeitsrecht als Entgelt. In einem Fall, den das Oberlandesgericht Wien entschied, räumte ein Unternehmen einem Mitarbeiter vertraglich ein Aktienoptionsrecht ein. Für den Fall einer Auflösng des Dienstverhältnisses vereinbarten sie, dass Ansprüche auf jenen Teil der zugeteilten Stammaktien verfallen, für die der Arbeitnehmer noch keinen unverfallbaren Anspruch erworben hat. In weiterer Folge entließ das Unternehmen den Arbeitnehmer unberechtigterweise. Dadurch trat jedoch kein Anspruchsverlust ein: Bis zur Entlassung hat der Arbeitgeber einen aliquoten Geldanspruch anerkannt; ab dem Entlassungszeitpunkt besteht ein Anspruch auf die restlichen der Vereinbarung unterliegenden Aktienoptionen als Schadenersatzanspruch für den Zeitraum der Kündigungsentschädigung.
(OLG Wien 16.1.2009, 9Ra 154/08w)

Unzulässiges Werturteil im Dienstzeugnis

Die Formulierung eines (ehemaligen) Arbeitgebers im Dienstzeugnis, der Arbeitnehmer habe alle ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erledigt, verstößt gegen das Erschwerungsverbot. In der Praxis ist es vielmehr üblich, die Wendung „zur vollsten Zufriedenheit“ – trotz ihrer sprachlichen Unrichtigkeit – zu gebrauchen.
Überdies verstößt die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“ auch gegen das Wahrheitsgebot, wenn der Arbeitnehmer wegen beharrlicher Verletzung der Dienstpflichten berechtigt entlassen wurde; in diesem Fall besteht nur ein Anspruch auf ein „einfaches Dienstzeugnis“.
(OGH 17. 12. 2008, 9 ObA 164/08w)

Unzureichende Kundmachung einer Betriebsvereinbarung

Eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kann gegenüber den Arbeitnehmern nur dann Wirksamkeit erlangen, wenn der Betrieb sie ordnungsgemäß bekannt macht. Es reicht nicht, die Betriebsvereinbarung im Unternehmen auszulegen. Der Arbeitgeber muss die Mitarbeitern auf geeigneten Wegen – zum Beispiel über Anschläge oder Aushänge –  darüber informieren, dass eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde und an welchem Ort und zu welchen Zeiten eine Einsichtnahme möglich ist.

Das Publizitätserfordernis kann nicht durch einen Jour fixe der Bereichsleiter oder einen Hinweis durch einen Vertreter des Betriebsrates bei der Weihnachtsfeier ersetzt werden, wenn einzelne Arbeitnehmer an diesen Veranstaltungen nicht teilnahmen.
(OGH 28.1.2009, 9 ObA 168/07g)

Quelle: personal manager