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Anforderungen an Tatsachenvortrag bei Benachteiligung einer Schwangeren bezüglich Beförderung

Bewirbt sich eine schwangere Arbeitnehmerin um eine höhere Position im Unternehmen und besetzt der Arbeitgeber, dem die Schwangerschaft bekannt ist, diese Stelle mit einem Mann, hat die Arbeitnehmerin eine geschlechtsspezifische Benachteiligung dann glaubhaft gemacht, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, welche eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechtes vermuten lassen. An diesen weiteren Tatsachenvortrag sind keine strengen Anforderungen zu stellen.

BAG 27.01.2011 – 8 AZR 483/09

Für behinderte, aber nicht schwerbehinderte Menschen, kein Schutz nach SGB IX, sondern nur nach AGG

Wer behindert, aber nicht schwerbehindert oder einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, kann sich lediglich auf das AGG berufen, wenn er eine Benachteiligung wegen Behinderung abwehren möchte. Eine (entsprechende) Anwendung der Schutzvorschriften des SGB IX kommt nicht mehr in Betracht, seit der Gesetzgeber mit dem AGG die Rahmenrichtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht umgesetzt hat.

BAG 27.01.2011 – 8 AZR 580/09

Frist zur Geltendmachung des Fortsetzungsverlangens gegenüber einem Betriebserwerber

Ein Arbeitnehmer, der von einem Betriebserwerber die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses verlangt, weil dieser infolge des Betriebsübergangs sein neuer Arbeitgeber ist, muss die Fristen beachten, die er für einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses einzuhalten hat. Über einen Betriebsübergang müssen Betriebsveräußerer bzw. Betriebserwerber die betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB unterrichten. Unterrichtet er sie überhaupt nicht, so beginnt weder die in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB geregelte Monatsfrist für den Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu laufen, noch eine Frist, binnen derer ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen den Betriebserwerber richten muss. Die entsprechenden Erklärungen des Arbeitnehmers können allerdings unter Umständen verwirkt sein.

BAG 27.01.2011 – 8 AZR 326/09

Anforderungen an Klauseln über die Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der ein Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber übernommenen Kosten einer Weiterbildung zurückzahlen muss, wenn er auf eigenen Wunsch vor Abschluss der Weiterbildung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, ist wirksam, wenn die erfolgreiche Weiterbildung für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist. Dies gilt auch dann, wenn die Weiterbildung nicht kontinuierlich, sondern in mehreren zeitlich voneinander getrennten Ausbildungsabschnitten erfolgt.

BAG 19.01.2011 – 3 AZR 621/08

Nach Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche verstoßen gegen Verbot der Altersdiskriminierung

Sieht ein Tarifvertrag nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche vor, stellt dies eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Betroffene Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber den Urlaub nach oben angleicht – und zwar entsprechend der höchsten Staffel. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.

LAG Düsseldorf 18.01.2011 – 8 Sa 1274/10

Zu kurzfristig gestelltes Teilzeitverlangen nicht unwirksam;

kein Zwang für Teilzeitbeschäftigte zur Nachmittagsarbeit

Berücksichtigt ein Arbeitnehmer bei seinem Teilzeitverlangen die in § 8 Abs. 2 TzBfG normierte Ankündigungsfrist von drei Monaten nicht, ist sein Antrag nicht unwirksam. Vielmehr kann die Teilzeittätigkeit erst drei Monate nach dem Verlangen beginnen. Setzt ein Unternehmen sowohl in der Vormittags- als auch in der Nachmittagsschicht Arbeitnehmer ein, rechtfertigt dies allein noch nicht die Ablehnung eines Teilzeitarbeitsantrags nur für den Vormittag. Der Arbeitgeber muss vielmehr konkret darlegen, dass ein ausschließlicher Einsatz am Vormittag nicht möglich ist – weder durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe noch durch den Einsatz einer nachmittags tätigen Ersatzkraft.

LAG Schleswig-Holstein 15.12.2010 – 3 SaGa 14/10

Kein Anspruch auf Weiternutzung des Dienstwagens bei Dauererkrankung

Die Berechtigung des Arbeitnehmers, einen ihm überlassenen Dienstwagen auch zu privaten Zwecken zu nutzen, endet bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit mit Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes. Die Überlassung des Dienstwagens ist Teil des Arbeitsentgelts. Dieses schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes nicht mehr, so dass das Unternehmen den Dienstwagen in diesem Fall zurückverlangen kann, ohne eine Kompensation zu bezahlen.

BAG 14.12.2010 – 9 AZR 631/09

Energiekostenbeihilfe für Betriebsrentner dürfen Unternehmen nicht einfach einstellen

Haben Betriebsrentner nach einer Betriebsvereinbarung einen Anspruch auf die Erstattung von Energieverbrauchskosten, kann es sich insoweit um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handeln. Ist dem so und möchte der Arbeitgeber diese Leistung durch eine spätere Betriebsvereinbarung reduzieren oder ganz ausschließen, darf er dies nur unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.

BAG 14.12.2010 – 3 AZR 799/08

Vorsicht bei Freiwilligkeitsvorbehalt für Weihnachtsgeld

Eine arbeitsvertragliche Klausel, mit der sich ein Arbeitgeber die Freiwilligkeit der Weihnachtsgeldzahlung vorbehalten will, muss klar und verständlich im Sinne des § 307 BGB formuliert sein. Ansonsten kann der Arbeitgeber nicht verhindern, dass ein zukünftiger Anspruch entsteht. Eine Klausel im Arbeitsvertrag, wonach die Gewährung von gesetzlich oder tarifvertraglich nicht vorgeschriebenen Leistungen freiwillig sowie ohne jede rechtliche Verpflichtung erfolgt und die Leistungen daher jederzeit widerrufbar sind, reicht nicht aus.

BAG 08.12.2010 – 10 AZR 671/09

Möglichkeit der Anrechnung gesetzlicher Rente auf die Betriebsrente

Ist in einer Versorgungsordnung geregelt, dass die Hälfte der gesetzlichen Rente auf die Betriebsrente angerechnet wird, und das Unternehmen Rentenabschläge aufgrund eines vorzeitigen Renteneintritts nicht ausgleicht (also diese voll zu Lasten des Arbeitnehmers gehen), gilt bei einem vorzeitigen Renteneintritt Folgendes: Bei der Berechnung der Betriebsrente ist nicht die tatsächlich gezahlte, sondern die abschlagsfreie gesetzliche Rente zu Grunde zu legen, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er die Rente erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze in Anspruch genommen hätte.

BAG 30.11.2010 – 3 AZR 747/08

Missbräuchliche Unternehmerentscheidung

Eine bei der Prüfung einer betriebsbedingten Kündigung anzunehmende „Missbräuchlichkeit“ einer Unternehmerentscheidung kann auch dann vorliegen, wenn sich aus einer Mehrzahl von ineinander greifenden unternehmerischen Einzelentscheidungen, die für sich genommen alle dem Spektrum von möglichen Reorganisationsentscheidungen zuzuordnen sind, ergibt, dass der Arbeitgeber eine bestimmte Stelle wegfallen lassen und den Stelleninhaber betriebsbedingt kündigen möchte, ohne dass dem ein irgendwie gearteter „betriebswirtschaftlicher Erfolg“ zur Seite stehen würde. Der Primat der kündigungsrechtlich anzuerkennenden unternehmerischen Entscheidungsfreiheit mit seinen von den Arbeitsgerichten hinzunehmenden Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses bezieht sich auf das unternehmerische Handeln selbst, auf die Stellung des Unternehmens am Markt. Das führt jedoch – wegen des sich aus Art. 12 GG ergebenden Mindestbestandsschutzes für den Arbeitnehmer – nicht zu einer kündigungsrechtlichen „Freistellung“ schlechthin.

LAG Berlin 25.11.2010 – 2 Sa 707/10

Regelung über pauschale Abgeltung von Überstunden kann unwirksam sein

Arbeitnehmer müssen bereits bei Vertragsschluss erkennen können, welche Leistungen sie für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müssen. Daher ist eine AGB-Klausel, wonach erforderliche Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt.

BAG 01.09.2010 – 5 AZR 517/09

Vorgaben des Arbeitgebers zum Aussehen der Mitarbeiter müssen verhältnismäßig sein

Arbeitgeber können zwar grundsätzlich Vorgaben zum Aussehen der Mitarbeiter machen. Diese sind aber nur wirksam, wenn sie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verhältnismäßig sind. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn ein Arbeitgeber von Arbeitnehmerinnen, die im Bereich der Fluggastkontrolle tätig sind, verlangt, dass sie ihre Fingernägel nur einfarbig lackieren dürfen. Gleiches gilt für die an männliche Mitarbeiter gerichtete Aufforderung, bei Haarfärbungen nur natürlich wirkende Farben zu benutzen und keine Toupets zu tragen.

LAG Köln 18.08.2010 – 3 TaBV 15/10