Die dritte Kienbaum „HR-Strategie-Studie 2006“ kommt zu dem Ergebnis, dass die Rahmenbedingungen in den Unternehmen dafür nicht ausreichen. Die fast 200 befragten deutschen, österreichischen und schweizerischen Personalexperten verschiedener Branchen und Unternehmensgrößen glauben zu 47 Prozent, dass die Geschäftsführung oder der Vorstand mit der Wertschöpfung der Personalarbeit sehr zufrieden ist. Die Selbsteinschätzung fällt krititscher aus: Nur 37 Prozent der Personaler zeugen in Bezug auf ihre Personalarbeit von großer Zufriedenheit.
„Personalabteilungen werden für den Unternehmenserfolg verstärkt verantwortlich gemacht. Dieser zunehmenden Bedeutung müssen die Personaler mit weniger Mitteln gerecht werden. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Personalarbeit strategisch sinnvoller und organisatorisch effizienter gestaltet werden muss“, kommentierte Walter Jochmann, Geschäftsführer von Kienbaum, die aktuelle Situtation. Den entscheidenden Faktor für eine zunehmende Bedeutung von Personalmanagement macht die Studie in dem Willen der Personaler fest, strategische Aufgaben zu übernehmen. Die Chance für eine Neupositionierung sei geboten, denn Veränderungsgeschwindigkeiten in Unternehmen nehmen zu und gleichzeitig werden die Produktionszyklen kürzer wie auch die Fluktuation im Top-Management größer. Vorrausetzung für eine neue Aufstellung des Personalwesens sei allerdings auch, die entsprechende Qualität zu liefern.
Kienbaum hat die Personalleiter folglich um eine qualitative Einschätzung ihrer Prozesse gebeten. Dabei schätzen sich 77 Prozent der Teilnehmer an der Studie in ihrem Basisprozess „Administration und Abrechnung“ sehr gut ein. Aber nur 32 Prozent befanden ihre Leistung in den Personalstrategieprozessen für qualitativ hochwertig. Darunter ist zum Beispiel zu verstehen, wie die Personalpolitik Richtlinien vorgibt oder Human Resource Projekte steuert. Die Qualität der Personaladministration ist auf Kosten der strategischen Ausrichtung also teuer erkauft. Die Dominanz der operativen Themen verhindert jedenfalls nach Angaben von 74 Prozent der Studienteilnehmer eine erfolgreiche Umsetzung der Personalstrategie, während lediglich 38 Prozent fehlende Kapazitäten für die Defizite verantwortlich machen. Nachholbedarf in puncto Qualität besteht auch bei Trendthemen wie Kultur- und Changemanagement, das bisher 32 Prozent der Personaler für qualitativ hochwertig halten. Engagementmanagement und Mitarbeiterbefragungen erhalten ebenso nur von rund jedem Dritten Personaler gute Noten.
Mit Blick auf die Zielsetzung, die administrativen Prozesse effizienter zu gestalten und Freiräume für strategische Aufgaben zu schaffen, stellen Shared Service Center eine Möglichkeit dar. Kienbaum fragte dementsprechend in seiner Studie, wie weit diese etabliert und ausgestaltet sind. Das Ergebnis: In Shared Service Centern bündeln 41 Prozent der befragten Großunternehmen die Erstellung von HR-Teilleistungen für den Gesamtkonzern, wobei 84 Prozent die Lohn- und Gehaltsabrechnung als Basisfunktion angeben. Die Entwicklung von HR-Portalen oder HR-Call-Centern, die auch zu einer schlanken Organisation beitragen können, ist mit 30 Prozent unter den teilnehmenden Unternehmen fast ebenso gering.
Eine starke Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und deren praktischer Umsetzung ermittelt die Studie auch in Bezug auf die demographische Entwicklung. Nur die Hälfte der HR-Eperten glauben, dass der Geschäftsführung das Problem bewusst ist. Das lässt den Schluss zu, dass noch nicht alle Unternehmen innerbetriebliche Auswirkungen wie Nachfolgeprobleme und steigende Personalkosten ausreichend thematisieren. Dementsprechend glauben nur 34 Prozent der Personaler, dass sie sich bereits genügend mit dem Thema beschäftigen. Wenn Unternehmen das Thema angehen, dann setzen sie zumeist beim betriebliche Gesundheitsmanagement an: 81 Prozent der Unternehmen haben Maßnahmen dazu entwickelt. Auch Ansätze zur Work-Life-Ballance stehen mit 66 Prozent hoch im Kurs. Andere wichtige Schritte stecken dagegen noch in den Kinderschuhen: Nur ungefähr jedes vierte Unternehmen simuliert die Entwicklung von Mitarbeiterdaten und berücksichtigt Strategien zum veränderten Arbeitsmarktangebot wie die Rekrutierung ausländischer Spezialisten und älterer Mitarbeiter. Ein Großteil der Unternehmen weicht dem demographischen Problem einfach aus: 63 Prozent der Personalbereiche reagieren mit einer verstärkten Rekrutierung jüngerer Mitarbeiter und begeben sich damit in den wieder aufkommenden War of Talents.
Während der demographische Wandel mit Sicherheit eine große Bedeutung für die Personalarbeit hat, zweifelt jeder zweite Personaler an der Sinnhaftigkeit von Human Capital Management. Der Versuch, den Wert oder Wertbeitrag des „Produktionsfaktors Arbeit“ zu beziffern erreichte im Jahr 2004 mit der Wahl des Begriffs „Humankapital“ zum Unwort des Jahres zweifelhafte Berühmtheit. Dieser Begrifflichkeit schuldet das Human Capital Management nach Einschätzung der Studie noch immer seine mangelnde Beliebtheit. Nur 30 Prozent der Teilnehmer geben an, dass der Ansatz in ihrem Unternehmen Bedeutung hat, während 14 Prozent einen Nutzen in der Berechnung eines Euro-Wertes für das „Humankapital“ sehen. Dennoch planen 41 Prozent der Befragten einen HCM-Ansatz, um strategische Ziele zu verfolgen. Als Intention dafür geben knapp zwei Drittel der Unternehmen den Wunsch an, Transparenz über den HR-Wertebeitrag zu erlangen sowie ein strategisches Gesamtbild für die Personalarbeit zu schaffen.